politik
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finden: „Nicht einmal den
gesunden Lebenswandel“ kön-
nen PolitikerInnen von den
ÄrztInnen lernen, „denn, egal
ob es sich um einen 49-Stun-
den-Wochenenddienst oder
um die überlangen Arbeits-
zeiten von Politikerinnen und
Politikern handelt – beides ist
extrem ungesund.“
Erwin Rasinger sitzt seit 1994
im Nationalrat und fungiert
als Gesundheitssprecher der
ÖVP. Für ihn ist die Politik oft
wie „das bohren von sehr har-
ten dicken Brettern“. Trotz der
Widerstände hat sich sein An-
trieb nicht geändert: „Die Be-
troffenheit um Mängel im Ge-
sundheitswesen treibt mich
an, Änderungen zu versuchen.
Dem stehen sehr oft Gesunde
und Ökonomen entgegen, die
meinen, das sei weder nötig
noch finanzierbar.“
Keinen inneren Zwist ver-
spürt Belakowitsch-Jenewein,
wenn es darum geht, Ent-
scheidungen zu treffen: „Da
ich mir und meinen Ideen
und Überzeugungen immer
selbst treu bleibe, habe ich
keinen inneren Zwist bei mei-
nen Entscheidungen verspürt.
In beiden Tätigkeiten hat man
den Menschen zu dienen und
nach deren Bedürfnissen zu
entscheiden.“
Was kann die Politik von
der Medizin lernen? „Das
gute Gefühl, wenn man Men-
schen geholfen hat. Dass Ide-
ologie und sture Linientreue
zu Parteien im ärztlichen
Handeln keinen Platz hat,
und dass Entscheidungen
nur aufgrund besserer Ar-
gumente und Sachkenntnis
gefällt werden sollen“, gibt
Grünewald, der vor kurzem
das Buch „Kritische Diagno-
sen. Krankenberichte zum
Gesundheitssystem“ auf den
Markt brachte, den Nach-
kommenden im Nationalrat
einen nützlichen Tipp mit
auf die politische Reise durch
Österreich.
1972 wurde erstmals ein Bun-
desministerium für Gesundheit,
damals gemeinsam mit Umwelt,
geschaffen. Gleich bei der Premie-
re wurde eine Ärztin im Amt ange-
lobt: Ingrid Leodolter, die von 1961
bis 1971 als ärztliche Leiterin des
Sophienspitals wirkte, war die er-
ste Gesundheitsministerin Öster-
reichs. Unter ihrer Leitung wurde
der Mutter-Kind-Pass eingeführt.
1981 wurde der Dermatologe und
Betriebsarzt der Simmering-Graz-
Pauker-AG, Kurt Steyrer, zum Ge-
sundheitsminister ernannt. 1986
kandidierte er auch um das Amt
des Bundespräsidenten, unterlag
bei der Wahl aber Kurt Wald-
heim. Als dritter im Bunde der
ÄrztInnen, die es zu Minister-
Ehren brachte, reiht sich Michael
Ausserwinkler ein. Der Facharzt
für Innere Medizin werkte von
1991 bis 1994 im Ministerium. Er
versuchte als erster Minister, ein
umfassendes Rauchverbot in der
Gastronomie durchzusetzen. Beim
Versuch ist es auch geblieben. Als
bisher letzte und erste nicht SPÖ-
PolitikerIn als Gesundheitsmini-
ster arbeitete Andrea Kdolsky für
knapp zwei Jahre, bis Ende 2008,
in diesem Amt. Die Fachärztin
für Anästhesie sorgte schon bei ih-
rem Amtsantritt für Aufsehen. Sie
stellte sich als „leidenschaftliche
Schweinsbraten-Esserin“ heraus.
Die von ihr vorbereitete Gesund-
heitsreform führte zu heftigen
Kontroversen, welche dann auch
ein wesentlicher Grund waren,
dass die Regierung zerbrach. Die
Reform ist damals gescheitert.
Ein fünfter Mediziner im Bunde
schaffte es zum Staatssekretär.
Reinhart Waneck wurde im Jahr
2000 dazu ernannt.
Ärztinnen und Ärzte an
der Ministeriums-Spitze
Vier Ärztinnen und
Ärzte leiteten bisher das Gesundheitsministerium.
Andrea Kdolsky
Kaum MedizinerInnen
am Stimmzettel
Neben den bereits erwähnten
PolitikerInnen finden sich auf
den Bundeslisten der Parteien
für die Nationalratswahlen
kaum Ärztinnen und Ärzte
auf einem Listenplatz, der auf
einen Einzug in das Parlament
hoffen lässt. Brigitte Povysil
(Linz) geht für die FPÖ ins
Rennen,Thomas Publig (Wien)
versucht mit dem BZÖ in den
Nationalrat einzuziehen und
der Wiener Franz Marcus ver-
sucht mit dem Team Stronach
sein Glück. Auf den steirischen
Landeslisten finden sich keine
Ärztinnen und Ärzte an wähl-
bare Position.
Sabine
Oberhauser
Kurt
Grünewald
Erwin
Rasinger
Dagmar
Belakowitsch-
Jenewein
10
Ærzte
Steiermark
|| 09|2013
Fotos: Parlamentsdirektion/WILKE, Bernhard Noll