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Ærzte
Steiermark
 || 09|2013
datenschutz
Fotos: Fotolia, Fotodienst/Anna Rauchenberger
Gute Daten, böse Daten
Apothekenzentrum ausrei-
chend anonymisiert worden
waren und sprach im SPIE-
GELOnline von einem „der
größten Datenskandale der
Nachkriegszeit“. Kranig sah es
völlig anders und teilte in einer
Presseaussendung mit, das
(zuständige) bayrische Landes-
datenschutzamt habe „keine
datenschutzrechtlich unzu-
lässigen Datenverarbeitungen
(…) festgestellt“. Und an die
Adresse seines norddeutschen
Kollegen gerichtet, wetterte der
Bayer: „Es ist traurig, wenn
Datenschützer durch das Wer-
fen von Nebelkerzen (…) das
Vertrauen der Patienten in ihre
Apotheken untergraben und
sich selbst dabei so verhalten,
dass sie ihre Rechtsauffassung
nur über die Medien und nicht
durch Erlass von Bescheiden
zum Ausdruck bringen, und
sich dadurch einer gericht-
lichen Kontrolle zu entziehen
versuchen.“
Als die Österreich-
Repräsentantin von
IMS Health, Erika
Sander, in einem
R a d i o - I n t e r v i e w
sagte, dass in Ös-
terreich 350 Ärzte
und 280 Apotheken
(sowie Anstaltsapo-
theken von Kran-
kenhäusern) dem
Unternehmen Da-
ten zur Verfügung
stel len, st ürzten
sich heimische Po-
litikerInnen, Kas-
senver t reterInnen
und Medien auf das
Thema, riefen nach
dem Staatsanwalt
und drohten Ver-
tragsärzten mit mög-
licher Kündigung.
martin novak 
Robert ernst-kaiser
Am Anfang stand eine fach-
liche Auseinandersetzung zwi-
schen Thilo Weichert, dem
Datenschut zbeau f t rag ten
in Schleswig-Holstein, und
seinem bayrischen Kollegen
Thomas Kranig. Ersterer be-
stritt, dass Verschreibungs-
daten von einem deutschen
Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Im August 2012 präsentierten Christoph Baumgärtel vom Bundesamt für Sicherheit im
Gesundheitswesen (BASG/AGES Medizinmarktaufsicht) und Bernd Leiter, Präsident des Österreichischen Generikaver-
bandes, gemeinsam mit IMS Health-Österreich-Repräsentantin Erika Sander und IMS-Zentraleuropa-Geschätsführer Frank
Wartenberg noch eine Generika-Studie …
Weil zwei beam­
tete deutsche
Datenschützer
Streit hatten,
er-
lebte Österreich eine
bizarre Datenschutz-
diskussion. Fakten
spielten dabei eine
eher bescheidene
Rolle. Das Protokoll
eines behaupteten
Skandals.
Die Rechtslage:
Alle deutschen Daten-
schützer und auch die österreichische Daten-
schutzkommission beim Bundeskanzleramt
scheinen sich einig zu sein. Wenn Daten voll-
ständig und damit irreversibel anonymisiert
sind, unterliegen sie nicht demDatenschutz. Das
Problem: Ein Arzt, der anonymisierte Daten wei-
tergibt, muss sich sicher sein, dass die Anonymi-
sierung lege artis erfolgt. Wie das zu erfolgen hat,
darüber sind sich offenbar nicht einmal beamtete
Datenschützer wirklich einig. Und die österrei-
chische Datenschutzkommission empfiehlt ein
Sachverständigengutachten. Wer auf Nummer
sicher gehen will, darf keine Daten weitergeben.
Das empfiehlt auch die Ärztekammer.
Die ethische Frage:
Dafür gibt es den
Ärztlichen Verhaltenskodex, die GCP („Good
Clinical Practice“)-Leitlinien und letztlich die
Deklaration von Helsinki der World Medical
Association. Alle diese Kodizes befassen sich
aber primär mit klinischen Studien und Anwen-
dungsbeobachtungen (und nicht mit anonymer
Statistik bzw. Markforschung): „Es ist die Pflicht
des Arztes, der sich an medizinischer Forschung
beteiligt, das Leben, die Gesundheit, die Würde,
die Integrität, das Selbstbestimmungsrecht, die
Privatsphäre und die Vertraulichkeit persön-
licher Informationen der Versuchsteilnehmer zu
schützen“, heißt es in der Helsinki-Deklaration
der World Medical Association.
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