Ærzte
Steiermark
|| 09|2013
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Foto: Büro LHStv. Prettner
politik
Im Rahmen der Umsetzung einer EU-Richtlinie gegen
missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgenwurde
in Österreich das sogenannte „Transparenzgebot“
eingeführt (§ 6 Abs 3 Konsumentenschutzgesetz),
wonach Allgemeine Geschäftsbedingungen klar formu-
liert sein müssen. Dies ist (nur) dann der Fall, wenn sie
für den „Durchschnittsverbraucher“ verständlich sind.
Sind sie es nicht, gelten sie nicht als Vertragsbestand-
teil, d.h., das Unternehmen, das die intransparente
Vertragsklausel verwendet, kann sich nicht darauf
berufen.
Zweck des Ganzen ist es zu verhindern, dass durch
schwammig formulierte Vertragstexte dem Konsumenten
ein unklares Bild seiner Vertragsposition vermittelt oder
er über die Rechtsfolgen seiner Vertragsunterschrift
getäuscht wird.
Häufige Anwendungsfälle stellen bis heute Lebens-
versicherungsverträge dar. Kaum jemand realisiert bei
Abschluss eines solchen - meist langfristig ausgelegten
- Vertrages, dass ein Teil der Prämien laufend für so-
genannte „Verwaltungskosten“ einbehalten wird und
dahergarnichtderKapitalbildungdient;ganzzuschweigen
davon, dass erhebliche Beträge an Vermittler fließen,
die ebenfalls den vom Kunden einbezahlten Prämien
entnommen werden.
So kommt es nicht selten dazu, dass der Kunde, ohne
es zu wissen, zwei Jahre lang Versicherungsprämien
einzahlt, die zur Gänze für Kosten aufgehen und die
Kapitalansparung damit überhaupt erst im dritten Versi-
cherungsjahr beginnt.
Wird der Vertrag bis zum Ende der Laufzeit (meistens
15-25 Jahre) aufrechterhalten, ist das eher kein Problem,
weil bereits im Versicherungsantrag bzw. der Polizze das
garantierte Auszahlkapital (bzw. die garantierte monat-
liche Pension) angegeben ist. Damit hat der Konsument
Klarheit darüber, was er aufgrund seiner Einzahlungen
zumindest erwarten darf, worauf er also Anspruch hat.
Kritisch wird die Sache dann, wenn sich der Versiche-
rungsnehmer vorzeitig zum sogenannten „Rückkauf“
entschließt, was relativ häufig vorkommt. Es bleibt dann
nicht selten weniger übrig, als es der Summe der jah-
relang getätigten Einzahlungen entspricht. Die Begrün-
dung hiefür: Beim garantierten Kapital zum Zeitpunkt des
Ablaufs des Versicherungsvertrages verteilen sich Provisi-
onen etc. auf lange Zeit. Je kürzer die effektive Laufzeit,
desto höher wird der relative Anteil dieser Kosten.
Will man der Sache nach einem Rückkauf auf den Grund
gehen, findet man oftmals nur sehr unverständliche
Vertragsbestimmungen, wie etwa: „Der Rückkaufswert
entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien. Er
errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungs-
schutzes, der angefallenen Kosten etc. nach den
tariflichen Grundsätzen.“ u.ä.
Natürlich kann kein Durchschnittsmensch damit irgend-
etwas anfangen, geschweige denn nachvollziehen,
warum er dann gerade den Betrag X und nicht irgendeinen
anderen Betrag ausbezahlt erhält.
Vertragsklauseln wie die obige sind typischerweise wegen
des Verstoßes gegen das Transparenzverbot ungültig.
Das hat zur Folge, dass dem Konsumenten diese gesamten
Kosten zusätzlich zum Rückkaufswert zustehen.
Betroffen sind insbesondere Vertragsabschlüsse zwischen
01.01.1997 und 31.12.2006. Mit 01.01.2007 erfolgte eine
Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes und der
Versicherungsbedingungen.
Für die vielen, in dieser Zeit abgeschlossenen Verträge
wird es noch reichlich Konfliktstoff geben, sofern sich
die Konsumenten nach ent-
sprechender Beratung dafür
entscheiden, ihre gesetzlich
festgeschriebenen Rechte gel-
tend zu machen.
Ihr Rechtsanwalt.
Für jeden Fall.
Das Transparenzgebot
des Konsumenten-
schutzgesetzes
RA Dr. Gerhard Hackenberger
„Man muss sich
in Geduld üben“
Beate Prettner
ist Fachärztin und Spitzenpolitikerin.
Die Kärntner Landeshauptmannstellvertreterin über
die Unterschiede zwischen den Berufen, Image
probleme und gesundheitspolitische Ziele.
MARTIN NOVAK
AERZTE Steiermark:
Was war denn
zuerst: die Medizin oder die Politik?
Beate Prettner:
Da ich in einer poli-
tischen Familie aufgewachsen bin und seit
meiner Kindheit Ärztin werden wollte,
würde ich sagen, dass Medizin und Politik
gleichermaßen stetige Begleiter meiner
Entwicklung waren und sind.
Gibt es so etwas wie ein politisches Erwe-
ckungserlebnis, einen Zeitpunkt, wo Sie
sich gesagt haben, ich will in der Politik
etwas bewirken?
Beate Prettner:
Zum einen wurde mir
die Politik quasi in die Wiege gelegt. Der
elterliche Bauernhof war auf Grund der
politischen Aktivitäten meines Vaters
einer Servicestelle für Bürgerinnen und
Bürger nicht unähnlich – immer wieder
kamen Nachbarn zu uns, um nach Rat
zu fragen. Da habe ich gemerkt: Hey,
mit der Politik kannst du den Menschen
viel Gutes tun und positiven Einfluss
auf die Lebensbedingungen unserer Ge-
meinschaft ausüben. Mein persönlicher
Wunsch, meinen Mitmenschen zu helfen
spiegelte sich also nicht nur in der Wahl
meiner Berufsausbildung als Ärztin
wider, sondern führte mich auch immer
näher an die Politik heran. Zudem bin
ich überzeugte Sozialdemokratin mit
Herz und Seele, und als ich die Chance
bekam, nach meiner Funktion im Land-
tag einen Regierungssitz zu übernehmen,
war für mich klar: Das ist meine Chance,
um an vorderster Front zu beweisen,
dass Politik nicht verlottert und korrupt
sein muss, sondern dass damit viel Posi-
tives bewirkt werden kann!
Sie haben sich für eine sehr aufwändige
Ausbildung – Medizinstudium, Turnus,
fachärztliche Ausbildung – entschieden,
Sie waren zuletzt Oberärztin amKlinikum
Klagenfurt. Tut es Ihnen leid, dass Sie diese
Laufbahn nicht einfach weitergehen?
Beate Prettner:
Da ich meinen Beruf als
Ärztin sehr liebe, fiel mir die Entschei-
dung verständlicherweise nicht leicht.
Doch am Ende siegte mein Wunsch, für
Kärnten in einer politischen Spitzen-
funktion als Frau ein Stück Landesge-
schichte positiv mitzugestalten. Zudem
will ich mit meinem Schritt in diese
hochrangige Position den Kärntne-
rinnen signalisieren, dass Frauen durch-
aus für Machtpositionen geeignet sind!
Mein Schritt in die Politik soll anderen
Frauen Mut machen, es mir gleichzutun.
Sie waren einige Jahre Abgeordnete im
Landtag und gleichzeitig aktive Ärztin.
Waren sich die Medizinerin und die Po-
litikerin immer in allen gesundheitspoli-
tischen Fragen einig?
Beate Prettner:
Was ich mache, mache
ich stets aus voller Überzeugung, also
erübrigt sich diese Frage!
2010 sind Sie in die Regierung gekommen.
Da gab es ja auch harte Bandagen. Was
ist denn der härtere Beruf: Ärztin oder
Regierungsmitglied? Wo muss man mehr
aushalten?
Beate Prettner:
Die Herausforderungen
sind freilich unterschiedlicher Natur
und kaum miteinander zu vergleichen.
Dennoch braucht es in beiden Bereichen
ein hohes Maß an Leidenschaft, Enga-
gement, Fleiß und den Wunsch, an sich
selbst stets weiterzuwachsen und sich
weiterzuentwickeln.
Es gibt das Bild, dass Ärztinnen und Ärzte
in Regierungsverantwortung nicht immer
sehr glücklich agieren. Stimmt es?
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