24
Ærzte
Steiermark
 || 12|2013
Foto: beigestellt
gesundes hören
Lärm in Schulen
Im Rahmen
des von der Ärztekammer Steiermark ini­tiierten Projektes
„gesundes hören“ wurden nun zwei Diplomarbeiten veröffentlicht.
Denise Gaal
Brandneu wurden zwei her-
vorragende Diplomarbeiten
veröffentlicht, die sich mit
dem Thema „Lärm“ im schu-
lischen Kontext auseinander-
gesetzt haben. Diese Diplom-
arbeiten entstanden im Zuge
einer kooperativen Studie des
Umwelt-Bildungs-Zentrums
Steiermark mit dem Psycholo-
gieinstitut der Karl-Franzens
Universität Graz, finanziert
vom Amt der Steiermär-
kischen Landesregierung A 15
(Energie, Wohnbau, Technik )
und dem Grazer Umweltamt.
Aus der Literatur ist bekannt,
dass Lärmempfindlichkeit
nach dem Schallpegel der
zweitgrößte Prädiktor für die
Lärmbelästigungsreaktion
(Gereiztheit, Abgeschlagen-
heit, Konzentrations-, Schlaf-
sowie Kommunikationsstö-
rungen, durch Stressfaktoren
bedingte Herz-Kreislaufer-
krankungen …) ist.
Bis dato gibt es aber kei-
ne diesbezüglichen Studien
mit VolksschullehrerInnen
in Österreich. Daher wurde
zwei jungen ForscherInnen,
Mag.
a
Petra Seinlechner und
Mag. Marc Andre Günther,
die Möglichkeit gegeben, in
steirischen Volksschulen die
„Lärmbelastung“ der dor-
tigen Lehrenden zu erheben.
Neu dabei war der Versuch,
sowohl akustische Bedin-
gungen für den Unterricht,
das aktuelle physiologische
Hörvermögen der Lehrenden
und auch deren subjektives
Lärmempfinden zu erheben
und die Ergebnisse zu kom-
binieren.
Der gemessene Schalldruck-
pegel (LAeq) während des
Unterrichts betrug im Mit-
tel 68 dB(A), also deutlich
höher als der empfohlene
und vorgeschriebene Grenz-
wert für „überwiegend gei-
stige Tätigkeiten“ von 50
dB(A). Die Nachhallzeiten
liegen bei mehr als einem
Drittel der Volksschulklassen
über dem Toleranzbereich
der optimalen Nachhallzei-
ten, woraus gefolgert werden
kann, dass weder optimale
Voraussetzungen für Lern-
und Entwicklungsprozesse
der SchülerInnen, noch für
die Arbeitstätigkeit der Volks-
schullehrerInnen vorliegen.
Im Zuge dieser Arbeit wur-
de ein – auch für weitere
Studien einsetzbarer – Fra-
gebogen entwickelt, der die
Belastungssituation von Leh-
rerInnen unter besonderer
Berücksichtigung des Faktors
Lärm erfasst.
Die Testergebnisse der Volks-
schullehrerInnen zeigen ins-
gesamt eine erhöhte subjek-
tive Lärmbelästigung sowie
ein erhöhtes Ruhebedürfnis
und weisen auf Konzentrati-
onsprobleme hin. Die höhere
subjektive Lärmbelästigung
kann dadurch erklärt wer-
den, dass sie mit ständigen
Versuchen konfrontiert sind,
ein ruhiges Arbeitsklima her-
zustellen. Lärm wird somit
lästig, und das zeigt sich auch
im erhöhten Bedürfnis nach
Ruhe. Durch die Lärmsitua-
tion im Unterricht kommt es
zu einem erhöhten Stressle-
vel, welcher sich auf subjek-
tiver Wahrnehmungsebene
in der Beeinflussung psycho-
logischer Regulationsmecha-
nismen zeigt. Die Ergebnisse
legen nahe, dass Präventions-
und Interventionsprojekte
als akute Maßnahmen in
Volksschulen implementiert
werden sollten, denn über
je mehr Coping-Strategien
die Lehrpersonen verfügten,
umso geringer fiel deren Be-
urteilung der subjektiven
Lärmbelastung aus. Inwieweit
auch eine Beeinflussung des
physiologischen Erregungs-
zustandes vorliegt, sollte zum
Schutz der Gesundheit der
Volksschullehrer­Innen zu-
künftig untersucht werden.
Ein im Rahmen der Diplomar-
beiten angefordertes Gutach-
ten von PD Mag. Dr. Anne-
marie Seither-Preisler kommt
auch zu diesen Schlüssen und
empfiehlt vor allem weitere
Studien, in denen bei Lehr-
kräften ein 24-Stunden-EKG
gemessen werden sollte, da
eine erhöhte Lärmbelastung
nicht nur mit psychischen,
sondern auch mit vegetativen
Stresssymptomen einherge-
hen. Auf diese Weise sollte es
auch möglich sein, durch den
schulischen Berufsalltag be-
dingte Belastungen von ande-
ren Belastungen während des
Tagesablaufes abzugrenzen.
Weiters empfiehlt die Spe-
zialistin, mögliche Zusam-
menhänge zwischen Unter-
richtsfach, Unterrichtsstil
(Frontalunterricht, Gruppen-,
Partner-, Einzelarbeit u.ä.)
und gemessenem Schallpegel
sowie mögliche Unterschiede
in den akustischen Kenn-
größen zu untersuchen. Die
bisher in diesen Studien erhal-
tenen Ergebnisse drängen also
nach weiterer Forschung.
Fühlen Sie sich angesprochen
und haben Sie Interesse, die
Forschung in diese Richtung
zu unterstützen oder sich
aktiv als Forschungspartner
daran zu beteiligen, wenden
Sie sich per E-Mail an die Pro-
jektleitung Mag.
a
Denise Gaal
(Umwelt-Bildungs-Zentrum
Steiermark) denise.gaal@ubz-
stmk.at
„Durch die Lärmsituation im
Unter­richt kommt es zu einem
erhöhten Stresslevel.“
1...,14,15,16,17,18,19,20,21,22,23 25,26,27,28,29,30,31,32,33,34,...56