Ærzte
Steiermark
|| 07/08|2013
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Foto: Klinische Abteilung für Nephrologie an der Universitätsklinik
Sonderthema Nierentransplantation
Die Nierentransplantation in Graz
D
ie erste Nierentrans-
plantation im Lan-
deskrankenhaus –
Universitätsklinikum Graz
erfolgte 1969, im Juni 2009
wurde die 1000ste Nieren-
transplantation (NTx) durch-
geführt. Dazwischen lagen
viele Jahre an Forschungen
und Fortschritten in der
Transplantationsmedizin,
speziell in der immunsup-
pressiven Therapie.
Ein Meilenstein war 1984
der Einsatz von Cyclospo-
rin A (Sandimmun
®
) in der
Langzeittherapie, gefolgt
von Tacrolimus (Prograf
®
,
Advagraf
®
). Neben diesen
Calcineurin-Inhibitoren, die
zumeist in Kombination mit
Mycophenolsäure (Myfor-
tic
®
, Cellcept
®
) verabreicht
werden, wurden auch m-Tor
Inhibitoren entwickelt. Siroli-
mus (Rapamune
®
) und Eve-
rolimus (Certican
®
) werden
seit ca. zehn Jahren rou-
tinemäßig eingesetzt. Das
bislang neueste Immunsup-
pressivum ist Belatacept,
ein selektiver Kostimmula-
tionsblocker (modifiziertes
CTLA-4-Ig), dessen intra-
venöse Verabreichung nach
einem speziellen Schema
erfolgt. So stehen heute
mehrere neue Immunsup-
pressiva zur Verfügung, die
Univ.-Prof. Dr. Alexander Rosenkranz
Klinische Abteilung für Nephrologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin
Die Anzahl der PatientInnen, die einer Nierenersatztherapie bedürfen, steigt weltweit kontinuierlich an. in
Österreich werden derzeit über 8.000 PatientInnen mit Dialyse oder nach einer erfolgreichen Nierentrans-
plantation behandelt. Die Nierentransplantation ist die erfolgreichste und kostengünstigste Form der Nieren-
ersatztherapie. Die transplantierten Organe stammen zum Großteil von Verstorbenen. Zwischen PatientInnen
mit Nierenersatztherapie, die zur Transplantation gemeldet sind, und der Verfügbarkeit von Organen besteht
ein dauerndes Missverhältnis. In den letzten Jahren ist in Österreich eine zunehmende Bereitschaft zur Le-
bendspende zu erkennen. Die Langzeitergebnisse dieser Transplantationsform sind deutlich besser als nach
der Transplantation von Organen verstorbener Spenderinnen und Spender.
eine individualisierte Absto-
ßungsprophylaxe ermögli-
chen. Im Fall einer zellulären
Abstoßung werden schon
seit vielen Jahren ATG und
Thymoglobulin verwendet.
Neuerdings können hu-
morale Abstoßungen, die
ca. 1-5% der histologisch
gesicherten Abstoßungen
ausmachen, mit Hilfe der
Immunapherese erfolgreich
therapiert werden. Diese
Behandlungsform kommt
auch im Fall nach Mehr-
fachtransplantationen mit
präformierten Antikörpern
gegen HLA-spezifische
Merkmale zur Anwendung.
Graz ist eines der vier Trans-
plantationszentren Öster-
reichs. Aktuell sind in Graz
109 PatientInnen bei Euro-
transplant (ET) gemeldet,
die durchschnittliche War-
tezeit auf ein Spenderorgan
beträgt hier derzeit 3 bis 3,5
Jahre. Die Zahl der durch-
geführten Nierentransplan-
tationen liegt bei 45 bis 55,
im Jahr 2012 wurden 53
Nieren transplantiert, davon
7 Lebendspenden.
Die Evaluierung von nieren-
insuffizienten PatientInnen
bezüglich ihrer Transplan-
tationstauglichkeit erfolgt in
Graz nach einem österreich-
weit vereinbarten Konsen-
sus und wird in Kooperation
zwischen NephrologInnen,
TransplantchirurgInnen und
AnästhesistInnen durchge-
führt. Letzere beide Berufs-
gruppen werden erst bei
bestehender internistischer
Transplantationstauglichkeit
in den Evaluierungsprozess
eingebunden, um unnötige
Leerläufe und Mehraufwand
zu vermeiden. Im Durch-
schnitt sind 20 – 30% der
Dialysepatienten transplan-
tationstauglich.
In den letzten Jahren wur-
de die Nierenlebendspen-
de zu einem wichtigen Teil
des NTx-Programms. Wur-
de zuvor höchstens eine
Lebendspende pro Jahr
durchgeführt, so konnte
die Zahl im Jahr 2012 auf
sieben Lebendspenden ge-
steigert werden. Weiters
wurde im November 2012
auch die erste AB0 inkom-
patible Nierenlebendspende,
die ein spezielles präopera-
tives Management mit Ver-
abreichung von Rituximab
(MabThera
®
) und Immuna-
pheresebehandlungen er-
fordert, in Graz erfolgreich
durchgeführt.
Die Nierenlebendspende
bedeutet eine bessere Or-
ganqualität und längeres
Organüberleben bei Emp-
fängerin/Empfänger und hö-
here Lebensqualität durch
Verringerung der Wartezeit
auf ein Organ von Euro-
transplant. Im Idealfall kann
durch zeitgerechte Planung
der Nierenlebendspende
eine Dialysetherapie über-
haupt vermieden werden.
D i e Eva l u i e r ung e i -
ne r/e ines potentie llen
Lebendspenderin /-spen-
ders erfordert neben der
internistischen und immuno-
logischen Tauglichkeit auch
zeitintensive Gespräche und
Beratungen sowie eine psy-
chologische Beurteilung der/
des potentiellen Spenderin/
Spenders in Bezug auf die
Freiwilligkeit der Organspen-
de. Nach erfolgter Nieren-
spende wird die/der Spen-
derIn nach drei Monaten und
danach einmal jährlich zu
einer Kontrolluntersuchung
(Harnsediment, Serumcrea-
tinin, Blutdruck) aufgefordert.
Univ.-Prof.
Dr. Alexander
Rosenkranz