34
        
        
          Ærzte
        
        
          Steiermark
        
        
           || 07/08|2013
        
        
          Fotos: Klinische Abteilung für Nephrologie an der Universitätsklinik
        
        
          Sonderthema Nierentransplantation
        
        
          
            „Mein Sohn Stefan war heu-
          
        
        
          
            er im Mai 30 Jahre alt; bei
          
        
        
          
            der Musterung wurde eine
          
        
        
          
            verminderte Nierentätigkeit
          
        
        
          
            festgestellt, die jahrelang
          
        
        
          
            stabil verlief. Im Vorjahr ver-
          
        
        
          
            schlechterte sich sein Zu-
          
        
        
          
            stand dramatisch, er stand
          
        
        
          
            vor der Dialyse – alternativ
          
        
        
          
            wäre die beste Lösung eine
          
        
        
          
            Lebendnierenspende.
          
        
        
          
            Jetzt stellte sich die Frage:
          
        
        
          
            Woher eine Niere bekom-
          
        
        
          
            men? Für mich war sofort
          
        
        
          
            klar, dass ich eine meiner
          
        
        
          
            Nieren spende, vorausge-
          
        
        
          
            setzt, sie ist übertragbar.
          
        
        
          
            Andere Familienmitglieder
          
        
        
          
            kamen aufgrund ihres Alters
          
        
        
          
            oder mangelnder Gesund-
          
        
        
          
            heit nicht in Frage. Einige
          
        
        
          
            Freunde erklärten sich wäh-
          
        
        
          
            rend der folgenden Monate
          
        
        
          
            bereit, sich ebenfalls testen
          
        
        
          
            zu lassen. Als es ernst wur-
          
        
        
          
            de, blieb jedoch niemand
          
        
        
          
            übrig. Hoffnung, dann wie-
          
        
        
          
            der Enttäuschung; für Ste-
          
        
        
          
            fan und für die gesamte
          
        
        
          
            Familie war es eine sehr
          
        
        
          
            schwierige, nervenstrapa-
          
        
        
          
            zierende Zeit. Es kamen bei
          
        
        
          
            ihm Zweifel, große Ängste,
          
        
        
          
            sein Verantwor tungsbe-
          
        
        
          
            wusstsein mir gegenüber
          
        
        
          
            ließ ihn oft verzweifeln. Er
          
        
        
          
            hatte Angst, dieses Opfer
          
        
        
          
            von mir anzunehmen. „Was
          
        
        
          
            ist, wenn bei mir etwas nicht
          
        
        
          
            positiv verläuft, das könnte
          
        
        
          
            er nicht ertragen. Wenn al-
          
        
        
          
            les womöglich umsonst ist?“
          
        
        
          
            Ich konnte ihn davon
          
        
        
          
            überzeugen, dass es so
          
        
        
          
            kommen wird, wie es sein
          
        
        
          
            soll. Wir müssen darauf
          
        
        
          
            vertrauen, dass alles gut
          
        
        
          
            wird, weil das Beste für
          
        
        
          
            uns getan wird. Pro und
          
        
        
          
            contra – Wechselbad der
          
        
        
          
            Gefühle – wir machten uns
          
        
        
          
            im Internet schlau, fragten
          
        
        
          
            bei Ärzten und Betroffenen.
          
        
        
          
            Fast täglich bekamen wir
          
        
        
          
            Meinungen, Ratschläge,
          
        
        
          
            Hinweise, die es uns aber
          
        
        
          
            überhaupt nicht leichter
          
        
        
          
            machten. Es ist und bleibt
          
        
        
          
            allein unsere Entscheidung,
          
        
        
          
            die uns niemand abnehmen
          
        
        
          
            kann. Gott sei Dank haben
          
        
        
          
            wir uns dazu entschieden.
          
        
        
          
            Die erste Untersuchung
          
        
        
          
            brachte für mich die Gewiss-
          
        
        
          
            heit – trotz meiner 68 Jahre
          
        
        
          
            komme ich als Spenderin
          
        
        
          
            in Frage. Jetzt wusste ich,
          
        
        
          
            dass alle gegebenen guten
          
        
        
          
            Voraussetzungen ein großes
          
        
        
          
            Geschenk für uns darstellen.
          
        
        
          
            Ich war so glücklich und
          
        
        
          
            dankbar, dass ich es bin,
          
        
        
          
            die ihm die Dialyse ersparen
          
        
        
          
            konnte. Es folgten die erfor-
          
        
        
          
            derlichen Untersuchungen,
          
        
        
          
            ich wurde von Kopf bis
          
        
        
          
            Fuß in zahlreichen Untersu-
          
        
        
          
            chungen durchgecheckt, ich
          
        
        
          
            bekam das „Pickerl“ … für
          
        
        
          
            die  nächsten fünfzig Jahre.
          
        
        
          
            Dann war es endlich soweit
          
        
        
          
            – wir trafen zwei Tage vor
          
        
        
          
            dem Operationstermin in
          
        
        
          
            der Uni-Klinik Graz ein. Viele
          
        
        
          
            gute Wünsche und  posi-
          
        
        
          
            tive Gedanken begleiteten,
          
        
        
          
            beruhigten und stärkten
          
        
        
          
            uns. Wir waren vollkom-
          
        
        
          
            men angstfrei, ruhig und
          
        
        
          
            gelassen und voller Vertrau-
          
        
        
          
            en – was nachträglich be-
          
        
        
          
            trachtet sicherlich auch zur
          
        
        
          
            Genesung beigetragen hat.
          
        
        
          
            Die ersten Tage waren si-
          
        
        
          
            cher nicht leicht. Modernste
          
        
        
          
            Technologien wurden einge-
          
        
        
          
            setzt, wir haben auf jeden
          
        
        
          
            von uns persönlich ein-
          
        
        
          
            gestellte Schmerztherapien
          
        
        
          
            erhalten. Die äußerst kom-
          
        
        
          
            petente und fürsorgliche
          
        
        
          
            Behandlung bei Tag und
          
        
        
          
            Nacht ließen uns diese Tage
          
        
        
          
            gut überstehen. Wir wurden
          
        
        
          
            auf Kosten des Hauses
          
        
        
          
            auf der Klassestation der
          
        
        
          
            Chirurgie bzw. Nephrologie
          
        
        
          
            untergebracht und eben-
          
        
        
          
            so „Klasse“ vom gesamten
          
        
        
          
            Transplantationsteam  vom
          
        
        
          
            ersten bis zum Tag unserer
          
        
        
          
            Entlassung (bei mir waren
          
        
        
          
            es acht Tage, bei meinem
          
        
        
          
            Sohn 15 Tage) betreut. Die
          
        
        
          
            Transplantation verlief für
          
        
        
          
            uns beide optimal, die Nie-
          
        
        
          
            re funktionierte bei Stefan
          
        
        
          
            sofort. Für meinen Sohn
          
        
        
          
            waren die Auswirkungen
          
        
        
          
            sofort zu spüren, er fühlte
          
        
        
          
            sich wie neugeboren, es
          
        
        
          
            war sein 2. Geburtstag. Für
          
        
        
          
            mich war es ein unsagbares
          
        
        
          
            Glücksgefühl, jede Zelle
          
        
        
          
            meines Körpers war erfüllt
          
        
        
          
            von grenzenloser Freude
          
        
        
          
            und großem Dank, die bis
          
        
        
          
            zum heutigen Tag anhält
          
        
        
          
            und mit keinem bisherigen
          
        
        
          
            Geschenk vergleichbar ist.
          
        
        
          
            Wir danken dem großartigen
          
        
        
          
            kompetenten Ärzteteam der
          
        
        
          
            Universitätsklinik Graz sowie
          
        
        
          
            allen bereits an der Vorbe-
          
        
        
          
            reitung der Transplantation
          
        
        
          
            und Nachversorgung betei-
          
        
        
          
            ligten Menschen, die uns
          
        
        
          
            insgesamt sehr behutsam,
          
        
        
          
            fürsorglich und emphatisch
          
        
        
          
            während dieser schwierigen
          
        
        
          
            Lebensphase begleitet ha-
          
        
        
          
            ben. Der Einsatz hat sich für
          
        
        
          
            uns gelohnt – für mich als
          
        
        
          
            unsagbar glückliche Spen-
          
        
        
          
            derin und für meinen Sohn,
          
        
        
          
            der ein zweites  gesundes
          
        
        
          
            Leben erhalten hat,  das mit
          
        
        
          
            Geld nicht aufzuwiegen ist.
          
        
        
          
            Wir würden uns wünschen,
          
        
        
          
            dass sich mehr Menschen
          
        
        
          
            zu einer Lebendnierenspen-
          
        
        
          
            de entscheiden könnten,
          
        
        
          
            weil dadurch unsagbar viel
          
        
        
          
            Leid und Schmerz erspart
          
        
        
          
            bliebe!“
          
        
        
          
            Renate Gönitzer
          
        
        
          
            Mutter und Nie-
          
        
        
          
            renspenderin
          
        
        
          
            Stefan Gönitzer
          
        
        
          
            im Mai 2013
          
        
        
          
            Stefan Gönitzer
          
        
        
          
            vor der Operation
          
        
        
          
            
              Einen authentischen Einblick in die Situation eines
            
          
        
        
          
            
              Lebendspenders – mit all den Gefühlen, Ängsten und
            
          
        
        
          
            
              Hoffnungen – gewährt der folgende Bericht, geschrie-
            
          
        
        
          
            
              ben von einer 68-jährigen Mutter, die im Sommer
            
          
        
        
          
            
              2012 ihrem 30-jährigen Sohn eine Niere spendete: