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Ærzte
Steiermark
 || 03|2014
INTERNET
Internet-Kritik:
Schützenswerte Rechte
Bewertungsportale im Internet
(vor allem Hotel- und Restaurantkritiken)
gibt es wie Sand am Meer. Auch vor Gesundheitsberufen macht dieser
Trend nicht halt. Wo Meinungsfreiheit endet und Rufschädigung beginnt.
Auf einen Blick
Bewertende Einträge finden sich im Internet weit verstreut, aber vorwiegend
y
in sozialen Netzwerken (z.B. Facebook),
y
auf Bewertungsportalen mit Schulnotensystem (z.B.
)
oder in Form eines Diskussionsforums (z.B.
).
y
bei allgemeinen Suchmaschinen (z.B. im Zusammenhang mit Google, Herold)
oder branchenspezifischen Suchmaschinen (z.B.
).
Diese sind grundsätzlich zulässig.
Wahre, subjektive Bewertungen, auch negative, unterliegen der Meinungsfreiheit
und können nicht beanstandet werden.
Unwahre Tatsachenbehauptungen können wegen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte
auf Antrag des Betroffenen gelöscht werden. Erfolgt nach einmaliger Aufforderung keine
Löschung, kann mittels Unterlassungsklage vorgegangen werden.
Zur gerichtlichen Verfolgung geeignete Fälle können schriftlich und ausreichend belegt der
Ärztekammer zur Verfügung gestellt werden.
Karin Ferk
Ob schlechte Noten anhand
einer Punkteskala oder Aus-
sagen, wie „Ich rate jedem,
nicht zu diesem Arzt zu gehen“
– negative Bewertungen, die
im Internet unreflektiert einer
breiten Öffentlichkeit zugäng-
lich gemacht werden, kön-
nen nachteilige Effekte für die
Betroffenen mit sich bringen.
Dass in Österreich glücklicher-
weise die Meinungsfreiheit
der Europäischen Menschen-
rechtskonvention (EMRK)
verfassungsrechtlich verankert
ist, hat zur Folge, dass Ärz-
tinnen und Ärzte negative Er-
fahrungsberichte von Patien-
tInnen nicht verhindern kön-
nen und sich der Kritik stellen
müssen. Doch wann liegt eine
zulässige, kritische Bewertung
vor, und ab wann eine tatsäch-
liche Verletzung der Persön-
lichkeitsrechte, gegen die man
vorgehen kann? Wie viel Mei-
nungsfreiheit kann dem einen
eingeräumt und dem anderen
zugemutet werden?
Die Kriterien, ab wann eine
Verletzung der Persönlich-
keitsrechte vorliegt, sind
ausgesprochen streng: Es ist
immer im Einzelfall eine Ab-
wägung zwischen dem Recht
der Betroffenen/des Betrof-
fenen auf Schutz ihrer/sei-
ner Persönlichkeit einerseits,
und dem für die Gegenseite
geschützten Recht auf Mei-
nungs- und Medienfreiheit
andererseits durchzuführen.
Und das Recht auf freie Mei-
nungsäußerung wiederum ist
sehr weit gefasst.
Die großzügige Auslegung der
Meinungsfreiheit durch die
Gerichte und die daraus resul-
tierenden Schwierigkeiten für
Betroffene, sich zu schützen,
können anhand von konkreten
Beispielen aus der deutschen
Rechtsprechung (österrei-
chische fehlt bislang) veran-
schaulicht werden. Die Urteile
bestätigen auch die Zulässig-
keit von Bewertungsportalen
im Internet im Allgemeinen.
Fallbeispiele
Fallbeispiel 1 (BGH, VI ZR
196/09), Bewertung beruflicher
Tätigkeit im Internet zulässig:
Eine Lehrerbewertung im In-
ternet in einem Bewertungsfo-
rum ist grundsätzlich zulässig.
Bewertungen zur beruflichen
Tätigkeit einer Person dürfen
nur im Fall schwerwiegender
Auswirkungen auf das Persön-
lichkeitsrecht des Betroffenen
mit negativen Sanktionen ver-
knüpft werden.
Fallbeispiel 2 (AG München,
AZ 158 C 13912/12), Ärztebe-
wertungsportale sind zulässig:
Als ein Arzt davon erfuhr, dass
er in einem Bewertungsportal
bewertet worden war, setzte er
sich mit dem Medienbetreiber
in Verbindung und forderte
diesen zur Löschung der Einträ-
ge auf. Er habe der Speicherung
seiner Daten nie zugestimmt.
Dieser weigerte sich jedoch. Die
daraufhin erhobene Klage wur-
de abgewiesen: Dem Arzt stehe
weder ein Löschungs- noch ein
Unterlassungsanspruch gegen
das Bewertungsportal zu.
Zwar berührten die Speiche-
rung seiner Daten und die Be-
wertungen den Schutzbereich
seines allgemeinen Persönlich-
keitsrechts und damit auch
seines Rechts auf informati-
onelle Selbstbestimmung, in
der Gesamtschau überwiege
jedoch das Recht der Internet-
betreiberin auf Meinungs- und
Kommunikationsfreiheit.
Fallbeispiel 3 (LG Düsseldorf,
5 O 141/12), Kein schutzwür-
diges Interesse als Basis für
die Entfernung von persön-
lichen Daten und kritisieren-
de Bewertungen:
Eine Hebamme klagte gegen
das Bewertungsportal www.
jameda.de. Sie verlangte die
Beschränkung des Zugangs
zu ihren persönlichen Daten
(Name, Adresse und Berufs-
bezeichnung) und die Entfer-
nung bestimmter Bewertungen,
die dritte User vorgenommen
hatten. Beide Anliegen der
Fotos: Fotolia
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