Zukunft der steirischen Spitäler

Investieren Sie in Gesundheit!

Das Thema ergäbe Stoff für eine ganze Veranstaltungsreihe war man sich nach knapp drei Stunden intensivster Auseinandersetzung mit der „Zukunft der steirischen Spitäler“ am Montag Abend im Haus der Medizin der Ärztekammer Steiermark einig.

Ärztekammerpräsident Dr. Wolfgang Routil betonte in seiner Begrüßung, dass es neben einer Spitalsreform auch einer Gesundheitsreform und eines Umdenkens bedürfe und sprach sich einmal mehr für das „primary health care Konzept“ und die stufenförmige Versorgung, die vom Hausarzt über den Facharzt zum Spital führt, aus.

Vizepräsident und Kurienobmann Dr. Martin Wehrschütz machte zwei große Kernbereiche im Zusammenhang mit der Spitalsdiskussion fest: Zum einen gälte es die Strukturfrage zu stellen und zwischen „Bedarf“ und „Bedürfnis“ zu differenzieren. Damit verknüpft seien das Pflegethema zu behandeln und die Kostendiskussion zu führen.
Man war sich einig, dass „Alles zum Nulltarif“ in der Medizin ein modernes Märchen sei, bei dem Qualität, Patientensicherheit und Kostenbewusstsein auf der Strecke blieben.

Der zweite große Kernbereich – so Wehrschütz – betreffe die Arbeitsbedingungen in den Spitälern:
Eine IFES Umfrage unter steirischen Medizinerinnen und Medizinern, die heuer im Sommer durchgeführt wurde, zeige eine unverändert kritische Arbeitssituation der steirischen Spitals-ärztinnen und Spitalsärzte: Bei hohen Arbeitszeiten steigen Arbeitsintensität und Verwaltungsstress weiterhin an. 40 Prozent  der befragten steirischen Spitalsärzte fühlen sich durch Zeitdruck sehr stark oder stark belastet. Ein gutes Drittel überschreitet die gesetzlich limitierte Durchschnittsarbeitszeit von 60 Wochenstunden und mehr als ein Drittel der Arbeitszeit wird für administrative Tätigkeiten aufgewendet.
Hier sei dringender Handlungsbedarf gegeben, „damit das System Spital die dort Beschäftigten nicht krank macht“

PD Dr. Peter Berchtold, vom Forum Managed Care in Bern (CH) – er berät Spitäler in ganz Europa - wartete mit 4 Thesen auf:
1. In Zukunft müsse stärker differenziert werden in Spitäler und Einheiten. Die Fragen dabei seien: welche Population, welche Krankheiten, welche Präferenzen
2. Ohne Differenzierung läßt sich nicht optimieren. Das ist sowohl eine qualitative als auch eine finanzielle Frage
3. Auch Organisationen müssen sich differenzieren „structure follows funktion“ – es gibt keine einheitliche „Modellstruktur“
4. Schlussendlich müsse auch Steuerung differenzierter werden. Spitäler brauchen mehr Verantwortungs- und Freiraum

Am Podium, auf das die Gesundheitssprecher aller politischen Parteien geladen waren, fanden sich Landtagsabgeordneter Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler von der KPÖ
Landtagsabgeordnete Klubobfrau Ingrid Lechner-Sonneck von den Grünen und Mag. Gerald Haßler, Gemeinderat der SPÖ ein.

Klimt- Weithaler war es wichtig, vor allem den Zusammenhang von Armut und Krankheit zu thematisieren. Die Zahlen sprächen eine eindeutige Sprache: „Armut macht krank“. Angesichts des immer größer werdenden Anteils von Frauen in der Medizin sprach sie sich für betriebliche Kinderbetreuungseinrichtungen aus, nicht ohne zu betonen, dass diese auch Vätern zugute kommen.
Lechner-Sonnek war es vor allem wichtig den großen Zusammenhang herzustellen und nicht nur die Spitäler anzusehen – die Frage sei vielmehr: „wo entsteht Krankheit oder wo geht die Gesundheit verloren“

Auch für Lechner-Sonnek ist “Bedarf“ einer der zentralen Begriffe, die zu leicht missinterpretiert würden, so könnten z.B. in der Standortfrage um das LKH in Bad Aussee diese beiden Begriffe: „Bedarf und Bedürfnis“ durcheinander gebracht worden sein.

Haßler vertrat die Position der SPÖ und betonte in seinem Eingangsstatement, dass keine Spitäler geschlossen würden, weiters plädierte er für mehr Vorsorge und Finanzierung aus einem Topf.

Allgemeine Einigkeit herrschte am Podium und im Publikum was den Föderalismus  und die mit diesem verbundenen Probleme betrifft, dem Vorstoß des Bundesministers, die Spitalsgesetze zu vereinheitlichen konnte man durchaus etwas abgewinnen.
Kurienobmann Dr. Wehrschütz betonte in seinem Schlusswort, dass die steirischen Spitalsärztinnen und -ärzte rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr zu nicht immer idealen Bedingungen, bei höchster Patientensicherheit und höchster Qualität Spitzenleistungen erbrächten und forderte von den Politikern Mut und Beharrlichkeit, ein System so umzugestalten, dass es zukunftsfähig sei.  Er betonte, dass dabei die Kommunikation mit den Ärztinnen und Ärzten und mit den Patienten gesucht werden müsse. Es gelte in Gesundheit zu investieren.
Abschließend rief Präsident Wolfgang Routil die anwesenden Politikerinnen auf bei allen Reformen im Gesundheitsbereich keine neuen Strukturen zu schaffen, sondern die erforderliche Steuerung der Patienten in der Versorgungskette durch Kooperationsmodelle ,die sich am Primary Health Care Concept  orientieren, zu fördern. „Die Spitäler müssen für ihre wichtige Aufgabe der Schwerpunkt- und Spitzenmedizin freigespielt werden“, so Routil.

Videomitschnitt der Veranstaltung im (3GP-Format)

Vizepräsident Dr. Martin Wehrschütz, PD Dr. Peter Berchtold, Präsident Dr. Wolfgang Routil

 



 


 


 


 


 Fotocredit: Schiffer / Ärztekammer Steiermark