Ärztekammer fordert nun Einhaltung der politischen Versprechen: Niedergelassene Ärzte stärken, Spitalsambulanzen entlasten

Nach der „Gesundheitsreform“

16. Jänner 2013


Ab sofort „Gesunder Mittwoch“ in Arztpraxen und in steirischen Städten. Ärztekammer Steiermark setzt auf Information und Dialog.

Keine Streiks und keine Praxisschließungen – zumindest vorerst. Stattdessen setzt die Ärztekammer Steiermark auf einen intensiven Dialog, um die Politik an die Einhaltung ihrer im Zuge der Diskussion über den Finanzvertrag zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen abgegeben Versprechen zu erinnern: Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sollen gestärkt, die Spitalsambulanzen entlastet werden.

Sorge bereitet der Ärzteschaft der jüngste Gesundheitsbericht von OECD und Europäischer Union: Darin wird offen vor einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung aufgrund der Kostendämpfungsmaßnahmen im Gesundheitsbereich gewarnt. Gerade in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten würde die Gesundheit der Bevölkerung durch Armut, Arbeitslosigkeit und sonstige Belastungen zusätzlich gefährdet.

Die Gesundheitsausgaben in Österreich sind in den letzten zehn Jahren auch deutlicher langsamer gewachsen als im EU-Schnitt. Zuletzt (von 2009 auf 2010) gab es ein Wachstum von nur 0,1 Prozent: „In der Wirtschaft spricht man von Rezession, die Gesundheitsrezession hat bereits begonnen“, sagte der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner.

Ein rasches Umdenken sei nicht zu erwarten, da die Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung und den Gesundheitszustand der Menschen „schleichend erfolgen“, so Lindner. Kurzfristig gehe es daher darum, dass im vorgegeben wirtschaftlichen Rahmen, „keine zusätzlichen politischen Fehler gemacht werden und die Ärzte als Gesundheitsprofis Gehör finden“.

Spitalsärzteobmann Vizepräsident Martin Wehrschütz forderte die Landespolitik auf, „endlich den Mut aufzubringen, die Krankenkassen zu einer angemessenen finanziellen Beteiligung aufzufordern“. Die Auslagerung von Leistungen aus den Arztpraxen in die Spitalsambulanzen, wo die Kassen keine kostendeckenden Tarife bezahlen, müsse ein Ende haben. Gleichzeitig sei der Bund in die Pflicht zu nehmen, um die Ärzteausbildung in Praxen („Lehrpraxen“), für die österreichweit nur 5 Millionen Euro erforderlich sind, endlich zu finanzieren. Außerdem warnte er vor der realen Gefahr eines Ärztemangels, wenn die Arbeitsbedingungen in den Spitälern nicht verbessert werden: Die Politik dürfe den Fehler, den sie im Finanzbereich gemacht hat, nämlich viel zu spät zu reagieren, nicht im Gesundheitsbereich wiederholen.

Vizepräsident Jörg Garzarolli als Obmann der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wies darauf hin, dass heute auf eine kassenärztliche Praxis 100 Patientinnen und Patienten mehr kommen als vor zehn Jahren. Es gehe also gar nicht um eine Stärkung sondern darum, die Schwächung der niedergelassenen Versorgung zu beenden.

Als ersten Schritte sei der Leistungskatalog der Krankenkassen auf den aktuellen Stand zu bringen, damit niedergelassene Ärztinnen und Ärzte tatsächlich die Ambulanzen entlasten können: „Derzeit sind uns vielfach die Hände gebunden“, sagte Garzarolli.

Energisch wandte sich Garzarolli gegen den Abbau von Kassenstellen und nannte konkret die niedergelassenen Chirurgen, wo die Kasse bereits offen davon spreche, keine Nachbesetzungen vorzunehmen. Kinderpsychiatrische Kassenstellen fehlen in der Steiermark überhaupt.

Wesentlich sei es, das Kassenstellenpläne „nicht in Wien vorgezeichnet werden“ sondern das regionale Gegebenheiten und lokale Notwendigkeiten Berücksichtigung finden: Vielen Bürgermeistern ist ja gar nicht klar, dass sie in Hinkunft zum Hauptverband oder ins Gesundheitsministerium fahren müssen, wenn es um eine Arztpraxis geht“, vermutete Garzarolli. Daher werde man im Rahmen der Informationsaktivitäten der kommenden Monate auch verstärkt der Kontakt zur Politik auf regionaler Ebene suchen.

Ein besonderes Anliegen ist Garzarolli eine wirtschaftlich lebbare Vereinbarung über Gemeinschaftspraxen und Ärztegesellschaften: „So lange es die nicht gibt, ist auch eine Versorgung am Abend und an den Wochenenden auf breiter Basis nicht möglich“, sagte der Sprecher der Niedergelassenen Ärzte. Diesbezügliche Forderungen der Politik seien nur „unglaubwürdige Sonntagsreden“, so lange sie die Krankenkassen nicht in die Pflicht nehmen.

Garzarolli erinnerte daran, dass die steirische GKK heuer einen Überschuss von 44 Millionen Euro erwarte und der Anteil für die kassenärztliche Versorgung am Gesamtbudget der Kasse nur mehr rund 14 Prozent betrage. „Wenn die wohnortnahe Versorgung tatsächlich gestärkt werden soll, muss der frühere Wert von rund 20 Prozent wieder erreicht werden“, verlangte Garzarolli.

 


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