AERZTE Steiermark 09/2025

 

Pionier im Bereich der Hüftsonographie für Säuglinge

„Neugier und Pioniergeist“ empfiehlt Prof. Reinhard Graf, einst in steirischen Medizinerkreisen mit dem Ehrentitel „der Wilde vom Berg“ ausgezeichnet, den heute im Gesundheitssystem tätigen Ärzt:innen. In Brasilien wurde sogar ein Institut nach ihm benannt.

Noch heute hält Reinhard Graf Ausbildungskurse für die nach ihm benannte Graf-Methode der Hüftsonographie bei Säuglingen nicht nur im „Heimathafen“ Stolzalpe, sondern auch in Brasilien, Japan und anderen Ländern ab. Seinen Weltruhm verdankt er der Entwicklung eben dieser Methode. Und es sind buchstäblich Geschichten aus der Pionierzeit, wenn Graf erzählt, wie er durch Zufall erfahren hat, dass dieser damals neue „Ultraschall“ wohl auch für die Orthopädie Bedeutung erlangen könnte und dann Kontakt zur TU Graz hergestellt und dort gemeinsam mit Technikern „probiert“ hat, was geht. Um dann ein Leihgerät für die Stolzalpe ebenso zu organisieren, wie auch die notwendigen menschlichen Teile in Formalin im VW Käfer des Nachts dorthin zu transportieren. „Meine Frau hat mich nur gefragt, was ich einem Polizisten erzählen würde, der mich aufhält ... Ist aber Gott sei Dank nicht passiert.“

Das Feuer entzünden

Und was Wunder, dass der in Graz geborene Forscher von Weltruhm davon überzeugt ist, dass sein Erfolgsrezept auch der Schlüssel für vieles in der heutigen Zeit sein kann, denn: „Pionierzeit ist schließlich immer.“ Es klingt plausibel, wenn der langjährige Chef des damaligen LKH Stolzalpe dazu rät, junge Ärztinnen und Ärzte dadurch bei der Stange – sprich im spitalsärztlichen Beruf – zu halten, dass man ihre Neugier und ihre Neigungen fördert. „Geld spielt im Berufsleben natürlich eine Rolle, aber wenn sie in jemandem das Feuer entzünden und am Lodern halten, bleibt er.“

Dies gilt wohl erst recht für Führungskräfte meint Graf: „Ich war zu meiner Zeit einer der jüngsten Primarii in der Steiermark und daraus resultierend für meine jeweilige Position immer vergleichsweise jung. Und so haben die etablierten ärztlichen Direktoren erklärt, dass ich mich ja nicht auskenne, als auf der Stolzalpe erstmals in der Steiermark Departments eingerichtet wurden. Aber auch hier war die Eigenverantwortung der Schlüssel zum Glück, in dem Fall nicht zuletzt in budgetärer Hinsicht.“

Hüftsonografie für Säuglinge

Der rote Faden im Gespräch mit Professor Graf ist aber natürlich die Hüftsonographie für Säuglinge nach Reinhard Graf. Sie ermöglicht es, bei Säuglingen eine Fehlstellung so frühzeitig erkennen zu können, dass durch einfache Gegenmaßnahmen lebenslanges Hinken oder andere durch diese Fehlstellung verursachten Beeinträchtigungen verlässlich vermieden werden können. Sie wird in Österreich und vielen anderen Ländern längst standardisiert zur Anwendung gebracht. „Weshalb es solche Fehlstellungen bei uns kaum mehr gibt“, so der renommierte Experte. In Sao Paulo in Brasilien wurde sogar ein eigenes Institut zur Bekämpfung dieser Erkrankung gegründet und nach ihm benannt – das Graf-Institut.

Ausbildungskurse hat Reinhard Graf bereits in allen europäischen Ländern sowie in Australien, Japan, China, Mongolei, Russland, Israel, Palästina, USA, Kanada, Südafrika, Irak, Türkei, Iran, den Emiraten, Saudi-Arabien, Jordanien, Chile, Mexiko und natürlich Brasilien abgehalten und tut dies noch heute, allerdings schult er inzwischen vor allem jene in der Graf-Methode, die selbst weiter ausbilden, „ganz einfach, weil ich so den größtmöglichen Hebel habe. Und weil es schon ein bisschen mühsam wird, am Sonntag nach Tokio zu fliegen, dann zwei Tage Kurse abzuhalten und am Abend wieder in den Flieger zurück zu steigen“, erklärt er und lächelt dabei verschmitzt ….“

 

Zur Person. Am 12. November 1946 geboren promovierte Reinhard Graf 1971 an der Uni Graz. Der Allgemeinmediziner und Facharzt für Orthopädie war von 1988 bis 2011 ärztlicher Direktor des Allgemeinen und Orthopädischen akademischen Lehrkrankenhaus Stolzalpe und Primar der Orthopädischen Abteilung.

Graf ist ao. Professor für Orthopädie an der Universität Graz und Träger zahlreicher wissenschaftlicher Preise. Darunter: Österreichischer Ärztepreis, Karl-Rabl-Preis Deutschland, Escherich Medaille der Österreichischen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Best Paper Award OUP 2016. Außerdem ist der Steirer Autor von 11 sowie Co-Autor von 15 Büchern.

Fotocredit: envato_puhimec, M. Steinwender