AERZTE Steiermark 09/2025
Bürokratie und Zeitdruck sind die größten Belastungen
75 % der steirischen Spitalsärzt:innen halten es für sehr oder eher unwahrscheinlich, dass sie ihre derzeitige Tätigkeit mit 65 Jahren noch ausüben werden. Ein wesentlicher Grund ist unter anderem die hohe Belastung durch Verwaltungsaufgaben: 64 % der österreichischen Spitalsärzt:innen leiden darunter.
Unsere heimischen Spitalsärzt:innen stehen massiv unter Druck. Die aktuelle IMAS-Umfrage der ÖÄK hat genauer nachgefragt und die belastenden Faktoren analysiert, mit denen sie zu kämpfen haben. 29 % fühlen sich durch Verwaltungsaufgaben und Patientendokumentation belastet und 35 % sogar stark belastet (bewertet mit Note 4 bzw. Note 5). Eine weitere große Belastung ist der Zeitdruck. 55 % der befragten Ärzt:innen fühlen sich dadurch belastet bzw. stark belastet.
„Der große Aufwand für Bürokratie sowie der enorme Zeitdruck bilden die Spitze des Eisbergs. Weniger bürokratischer Aufwand bedeutet mehr Zeit für unsere Patient:innen. Indem wir Ärzt:innen von unnötigen Verwaltungsaufgaben entlasten, stärken wir die Qualität unseres Gesundheitssystems nachhaltig“, weiß Kurienobmann Gerhard Posch und unterstreicht: „Das ist für uns als Kurie ganz klar der Auftrag, uns weiter verstärkt für den Bürokratieabbau in den Spitälern einzusetzen.“
Die IMAS-Umfrage liefert allerdings noch weitere belastende Faktoren in der beruflichen Tätigkeit der Spitalsärzt:innen: 49 % der Befragten nennen das Betreiben von „Absicherungsmedizin“. Ein ebenso großes Thema: die Nachtdienste, die für einen hohen Leidensdruck sorgen.
(Zu) lange Dienste
Schwierige Patient:innen sind laut Umfrageergebnissen für 36 % ein belastendes Thema, Überstunden und lange Dienste stufen 47 % als problematisch ein. 44 % kämpfen ebenso mit dem Patientenaufnahmedruck beziehungsweise dem Überbelag. Chaotische Arbeitsorganisation stellt ein weiteres Problem dar, das die Spitalsärzt:innen hierzulande beklagen. Mangelnde Unterstützung durch Vorgesetzte wird von den Spitalsärzt:innen außerdem genannt – hier wertet die IMAS-Umfrage nur eine Durchschnittsnote von 3,0 aus. Nicht vergessen werden darf auch die seelisch belastende Arbeit – dies bewerten 37 % mit Note 4 oder 5. Belastende Faktoren, die nur einen kleinen Teil der befragten Ärzt:innen betreffen, sind zum Beispiel das Mobbing durch Kolleg:innen. Dieses Thema findet sich mit einem Notenschnitt von 1,7 in der Auswertung. Auch Bossing, also das Mobbing durch Vorgesetzte, sowie die fachlichen Anforderungen durch die Ausbildungstätigkeit werden ähnlich bewertet, sind also für eher wenige ein belastendes Thema.
Arbeiten mit 65
Ein weiteres Thema, das die IMAS-Umfrage aufgreift, ist die Frage, ob die heimischen Spitalsärzt:innen denken, dass sie ihre derzeitige berufliche Tätigkeit mit 65 Jahren noch ausüben werden – bezogen auf die Arbeit allgemein und ihren persönlichen Gesundheitszustand. Dies stufen österreichweit insgesamt 49 % als sehr unwahrscheinlich ein, weitere 25 % halten dies für eher unwahrscheinlich. Der Blick auf die steirischen Zahlen zeigt ein mehr oder weniger gleiches Bild: 50 % halten dies für sehr unwahrscheinlich, 25 % für eher unwahrscheinlich. Betrachtet man die unterschiedlichen Berufsgruppen, erkennt man bei jenen Spitalsärzt:innen, die sich gerade in Ausbildung zu Allgemeinmediziner:innen oder Fachärzt:innen befinden, die geringste Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Tätigkeit mit 65 Jahren noch ausüben werden – 66 % bzw. 65 % bewerten dies mit „sehr unwahrscheinlich“.
Stundenreduktion
Doch wo liegt der Knackpunkt für eine längere berufliche Tätigkeit? Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass sich die Befragten die ärztliche Tätigkeit im Spital noch über das 65. Lebensjahr hinaus vorstellen könnten, ist die Möglichkeit der Stundenreduktion, geht aus der IMAS-Umfrage hervor. Dies stufen 71 % als sehr wichtig ein, ebenso die Möglichkeit, die Anzahl der Dienste zu verringern (70 %).
„Die aktuelle Arbeitsbelastung wird von vielen Spitalsärzt:innen als deutlich zu hoch empfunden. Um länger auf diese wichtigen Fachkräfte für unsere moderne Gesundheitsversorgung zählen zu können, muss das Stundenausmaß weiter nach unten gehen“, betont Gerhard Postl, Kurienobmann-Stellvertreter. „Man darf nicht vergessen: Mit im Schnitt 48 Wochenstunden arbeiten Ärzt:innen wesentlich mehr als die Durchschnittsösterreicher:innen.“
Kurienobmann Gerhard Posch sieht darin auch einen wichtigen Schlüssel zur Attraktivierung des Arztberufs: „Motivierte und zufriedene Ärzt:innen sind der Schlüssel zu einer guten Patientenversorgung und einem nachhaltig funktionierenden Gesundheitssystem.“
Zur Umfrage
Die aktuelle Spitalsärzteumfrage wurde von der Bundeskurie angestellte Ärzte (BKAÄ) der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) in Kooperation mit IMAS-International, Institut für Markt- und Sozialanalysen, durchgeführt. Befragungszeitraum: Dezember 2024 bis Jänner 2025.
In der nächsten Ausgabe nehmen wir im letzten Teil dieser Serie den Arbeitsaufwand für administrative Tätigkeiten unter die Lupe.
Fotocredit: Furgler, Schiffer