Impfungen sehr wichtig
91 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher denken, dass möglichst viele Menschen gegen gefährliche Krankheiten durch Impfen geschützt werden sollten. Und nur ein Prozent der österreichischen Bevölkerung ist davon überzeugt, dass Impfungen nichts bringen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Linzer Market Instituts im Auftrag der Ärztekammer Steiermark.
Masern bewegen
84 Prozent haben nach dem Masernausbruch die Diskussion um Impfen und Impfpflicht verfolgt. „Die Österreichische Bevölkerung präsentiert sich beim Thema Impfpflicht sensibilisiert – eine klare Mehrheit hat die aktuelle Diskussion verfolgt“, stellen die Meinungsforscher fest. Es gibt jedoch ein Altersgefälle: Ältere haben die Diskussion zu einem höheren Anteil wahrgenommen als Junge. Auch Eltern von Kindern bis 6 Jahre, die stark betroffen sind, liegen hier klar unter dem Bevölkerungsschnitt.
Wichtig und wirkungsvoll
Wenn sich viele nicht impfen lassen, werden Krankheiten, die eigentlich kaum noch aufgetreten sind, wieder häufiger vorkommen – dieser Aussage stimmen 88 Prozent voll oder eher zu. 2 Prozent stimmen gar nicht zu, 7 Prozent eher nicht. Dass die Nebenwirkungen der Impfung gefährlicher als die Krankheit sind, die eine Impfung verhindert, glauben 5 Prozent, 12 Prozent glauben es eher schon.
Die Zustimmung zu Impfungen steigt mit dem Alter, in Landeshauptstädten ist sie größer als in kleineren Gemeinden, in Ost- und Südösterreich (Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten) ist sie höher als im Westen.
Eltern kleiner Kinder sind bei den meisten Fragen zustimmender als die Gesamtbevölkerung. Das gilt besonders für die Sätze „Dass möglichst viele Menschen gegen gefährliche Krankheiten geimpft sind, ist sinnvoll, damit z. B. Babys nicht so leicht angesteckt werden können“ und „Wenn sich viele nicht impfen lassen, werden Krankheiten, die eigentlich kaum noch aufgetreten sind, wieder häufiger vorkommen“.
79 Prozent deklarieren sich eher als Impfbefürworter, 13 Prozent eher als Impfgegner (keine Antwort/weiß nicht: 8 Prozent). Männer sind eher Impfbefürworter als Frauen (aber noch innerhalb der Schwankungsbreite), die Zustimmung bei Älteren (82 Prozent) ist höher als bei Jüngeren. In den Landeshauptstädten gibt es die meisten Impfbefürworter – 84 Prozent.
Die allerstärkste Gruppe der Impfbefürworter sind aber Personen mit Kindern bis zum Alter von 6 Jahren im Haushalt. Da sind es 86 Prozent.
Bindung
Eine „Impfpflicht“ in Form der teilweisen Koppelung von Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld an die Beteiligung am Gratis-Impfprogramm befürworten knapp zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher (63 Prozent). Männer (72 Prozent) und EinwohnerInnen von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland (68 Prozent) stimmen am stärksten zu.
Sollte es zu einer Volksbefragung über die Bindung kommen, wollen 72 Prozent auf jeden Fall oder eher teilnehmen. Hier gibt es die höchste Bereitschaft bei den Jungen: 76 Prozent der 16- bis 29-Jährigen würden laut Umfrage teilnehmen, 47 Prozent „auf jeden Fall“, 29 Prozent „eher“. Bei Menschen in Haushalten mit Kindern bis zu 14 Jahren sind es sogar 84 Prozent, die teilnehmen wollen.
Von den 72 Prozent, die auf jeden Fall oder eher teilnehmen wollen, würden sogar 72 Prozent für eine teilweise Koppelung von Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld an die Beteiligung am Gratis-Impfprogramm stimmen – fast drei Viertel. Eltern von Kindern bis zu 6 Jahren zeigen eine besonders hohe Bereitschaft zur Zustimmung.
Der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner sieht in den Umfrageergebnissen eine Bestätigung und einen Auftrag: „Die überwältigende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher weiß ganz genau, wie wichtig Impfungen für die Gesundheit sind. Auf dieser Grundlage können wir aufbauen und verhindern, dass bereits als verschwunden geltende Krankheiten wiederkommen, weil auf das Impfen vergessen wird. Wir brauchen noch mehr an Impfinformation, eine Bindung der Familienbeihilfe und des Kinderbetreuungsgeldes an das Impfen kann aber zusätzlich helfen. Darüber brauchen wir eine breite gesellschaftspolitische Debatte, vielleicht sogar eine Volksbefragung. Denn die Bevölkerung ist ja mit großer Mehrheit dafür.“
Minimalanforderung ist für Lindner ein gesicherter Impfschutz für alle mit vielen Sozialkontakten. Vor allem sind das alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheits-, Pflege-, Sozial- und Bildungsbereich. Dazu zählen aber auch Teile von Gastronomie und Tourismus oder des Handels. Sein Fazit: „Wer täglich mit vielen, vor allem kranken, geschwächten Menschen zu tun hat, darf nicht ohne Impfschutz sein. Nur so kann die Gefahr der Weiterverbreitung hoch ansteckender Krankheiten eingedämmt werden.“
Impfpflichten
Die Impfpflicht-Befürworter und die (meisten) Impfpflicht-Gegner haben eines gemeinsam: Sie halten Impfungen und eine hohe Durchimpfungsrate für wichtig. Ob eine Impfpflicht dazu beiträgt, ist allerdings auch unter den Impfbefürwortern strittig, obwohl eine deutliche Mehrheit sich dafür ausspricht. Nur: Was ist eine Impfpflicht?
Im Extremfall ist es ein mit den Mitteln des Strafrechts durchzusetzender Zwang. Oder eine zivilrechtliche Maßnahme: Wer durch Nichtimpfen Behandlungskosten (eigene oder die anderer) verursacht, wird zur Kasse gebeten.
Impfpflicht kann auch bedeuten, dass Impfschutz Voraussetzung für die Aufnahme in Kindergarten oder Schule ist.
Eine Frage ist aber zu beantworten: Wie lässt sich diese „Pflicht“ mit einem verpflichtenden Kindergartenjahr für alle und der Schulpflicht (eigentlich Unterrichtspflicht) in Einklang bringen? Die am frühesten wirkende Variante einer „Impfpflicht“: Wer das Impfen gegen hoch infektiöse Krankheiten seiner Kinder verweigert, bekommt keine oder weniger Familienbeihilfe bzw. weniger oder kein Kinderbetreuungsgeld. Ein Argument bleibt noch zu erwägen: Jede Form von einkommensunabhängiger finanzieller Belastung trifft „Reiche“ weniger als „Arme“. Das spräche allerdings auch dagegen, Schnellfahren, Parken auf Behindertenparkplätzen oder rechtswidrige Müllentsorgung zu sanktionieren.
Fakten zur Umfrage
Durchgeführt vom Market-Institut Linz im Auftrag der Ärztekammer Steiermark
Befragungszeitraum: 7. bis 9. Februar 2019
Befragungsart: Online-Interviews
Auswertungsbasis: n= 1.005, maximale statistische Schwankungsbreite +/– 3,15 Prozent
Repräsentativität: Die befragten Personen entsprechen in ihrer Zusammensetzung, in quotierten und nicht-quotierten Merkmalen, der österreichischen Bevölkerung ab 16 Jahre.
Fotos: Oliver Wolf, Adobe Photostock
Grafiken: Conclusio
AERZTE Steiermark 03/2019