Schäumen vor Glück
Katja Banfai war auf dem Weg, Fachärztin für Psychiatrie zu werden. Um ihrer eigenen Psychohygiene willen änderte sie komplett die Richtung. Seit vier Jahren produziert sie nun Naturseifen und lebt in Katjas Seifenwelt.
Katja Banfais kleine feine Seifenwelt in Mariatrost durchzieht ein Hauch von Lemongrass. Zitrusfrisch und herb ist die Duftnote ihrer ersten eigenen kaltgerührten Seifensorte, die nicht nur den Namen „Happy“ trägt, sondern auch noch eine Smiley-Prägung.
Menschen zu helfen und sie glücklich(er) zu machen war seinerzeit auch die Motivation von Banfai, Medizin zu studieren. Noch nach der alten Studienordnung, mit leider zu wenig Praxiserfahrung, wie sie bedauernd anmerkt. Denn so richtig darauf vorbereitet, was sie im österreichischen Gesundheitssystem erwarten würde, fühlte sie sich letztlich nicht.
Nach dem Studium war die heute 39-Jährige für zwei Monate Gastärztin an der Universitätsklinik für Neurologie und ging dann in die Lehrpraxis zu einer Fachärztin für Psychiatrie, wo sie einige Jahre mitarbeitete. „Dort habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich einen guten Draht zu den Menschen finden kann und auch schon allein durch Gespräche viel bewirken kann.“ Es folgte eine Lehrpraxis bei einem Internisten, der Beginn des psychotherapeutischen Propädeutikums – und schließlich die Abkehr von der Medizin.
Abgrenzung fiel schwer
Die Abgrenzung von den Patientinnen und Patienten, zu denen sie eine so tragfähige Gesprächsbasis aufgebaut hatte, fiel ihr schwer. „Man braucht schon eine sehr starke Persönlichkeit, um nach der Arbeit komplett in den privaten Modus umzuschalten“, resümiert Banfai. Ihr selbst sei das nicht in ausreichendem Maß gelungen. Heute wirkt sie nach wie vor sehr feinfühlig, aber auch vorsichtig im Umgang mit fremden Menschen.
Nach einem Quereinsteiger-Ausflug in den Sozialbereich, wo sie als Sozialtrainerin für psychisch kranke Menschen tätig war, gab sie ihrem Leben eine komplette Kehrtwende. „Als Sozialtrainerin hätte ich mit meinem ärztlichen Wissen so viel mehr tun können, durfte es aufgrund meiner eng definierten Rolle aber nicht. Das war eine äußerst unbefriedigende Situation.“ Eine, aus der Katja Banfai heraustreten musste, um ihre eigene Gesundheit wiederherzustellen und um selbst glücklich zu werden.
Dass sie letztendlich sogar ein berufliches Neuland betreten würde, in dem ihre medizinische Kompetenz erforderlich sein würde, war zunächst nicht klar. „Ich habe mir einfach einmal eine kreative Auszeit gegönnt. Filzkurse gemacht und schließlich auch den ersten Seifenkurs.“ Und da ist die Leidenschaft erwacht – und mit ihr die neue Geschäftsidee. Um aus ihrer Idee ein Unternehmen machen zu können, meldete Banfai dann vor vier Jahren ein Kosmetik-Gewerbe an. Und siehe da: Als Grundausbildung dafür wurde für Unternehmensgründungen vor dem Herbst 2018 ein abgeschlossenes Chemie-, Pharmazie- oder Medizinstudium gefordert. Und das hatte sie schließlich schon absolviert.
Zero Waste statt Sicherheit
Der Mut zum Neuen und ihr Durchhaltevermögen in der nicht immer leichten Gründungsphase kamen aus ihr selbst heraus, das Umfeld zeigte zunächst nicht nur Enthusiasmus. „Aber ich bin ein sehr optimistischer Mensch.“
Der Erfolg gibt ihr recht: Über Katjas Seifenwelt hat schon der ORF berichtet, sie
ist unter anderem in einem internationalen Online-Shop für Naturkosmetik vertreten, beliefert regelmäßig Firmenkunden mit logo-geprägten Seifen und schwimmt auf der lokalen Zero-Waste-Welle ganz oben mit. Im Jahr 2017 wurde Katjas Seifenwelt auch zum Dienstleister des Jahres gekürt.
Noch ist die Seifenwelt, die auch Kurse zur Herstellung von Naturseifen anbietet, eine One-Woman-Show, aber in ihren Zukunftsvisionen sieht Banfai schon eine Erweiterung. Mit größerer Produktion, einem eigenen Shop und vielleicht auch ein paar MitarbeiterInnen.
Ihr medizinisches Wissen hilft ihr nun bei der Zusammenstellung der Rezepturen für Problemhaut, strapaziertes Haar oder für Menschen mit Allergien – und das nötige präzise Arbeiten ist sie aus der ärztlichen Praxis gewohnt. Auch als Seifenproduzentin steht für sie die Gesundheit an oberster Stelle und sie will nach wie vor mit ihrer Arbeit den Menschen Gutes tun. Allerdings, ohne dass ihr selbst dabei jemand zu nahe kommt.
Kalt gerührt – heiß begehrt
Derzeit testet Katja Banfai ihre neuen Produkte, bevor sie sie zur Notifizierung einreicht, am eigenen Leib und lässt sie dann in ihrer Familie und im Freundeskreis ausprobieren. Denn Banfai bezeichnet sich selbst als Perfektionistin. „Wenn ich etwas angehe, dann mache ich es auch ordentlich.“ Da reicht es nicht, angelesenes Wissen über die heilende oder pflegende Wirkung feinster Inhaltsstoffe wie Ringelblumentee-Extrakt oder Brokkolisamenöl in ihre Produktlinie zu bringen. Es muss auch das Ergebnis passen. „Die Haarseife für koloriertes Haar beispielsweise habe ich zunächst für mich kreiert und so lange getüftelt, bis ich damit zufrieden war. Jetzt profitieren auch meine Kundinnen davon.“
Banfais Seifen werden kalt gerührt, das bedeutet, dass die wertvollen Öle – sogar Kürbiskernöl verseift sie – nicht oder nur ganz wenig erhitzt werden. Danach müssen die Seifen 40 Tage lang reifen, bevor sie ihre endgültigen Eigenschaften erhalten. Sämtliche Produkte werden ohne Palmöl hergestellt, fast alle sind vegan. „Mein einziger Ausreißer ist die Honig-Schafmilchseife, die dafür aus regionalen Zutaten besteht.“
Ihrer Seifenküche entstammt auch die Tierseife „Wauzi“, die durch eine Kombination von Neemöl, Kamillen-Ringelblumenextrakt und Lavendelöl Schutz vor lästigen Insekten, aber auch vor Zecken verspricht.
Auf jeden Fall selbständig
Wenn sie im Arztberuf geblieben wäre, würde sie heute wohl eine eigene Praxis führen, mutmaßt Banfai. „Ich wäre auf jeden Fall selbständig und vermutlich im psychiatrischen Bereich tätig.“ Sie würde sich gerne viel Zeit für die Patientinnen und Patienten nehmen. „Und das wäre im normalen Praxisalltag vermutlich nicht möglich. Außerdem bliebe daneben nicht viel Zeit für Anderes“, gibt sie zu bedenken.
„Für den Arztberuf muss man so brennen, da ist es schwierig, eine gute Work-Life-Balance zu finden.“ Als Seifensiederin fällt ihr das deutlich leichter.
Foto: Göri, beigestellt
AERZTE Steiermark 03/2019