AERZTE Steiermark 04/2021
Restimpfstoffe nutzbar machen
Um die Logistik der COVID-19-Impfungen für Impfstraßen und -Ordinationen zu unterstützen, hat das Land Steiermark die Entwicklung von zwei Plattformen bei der Wissenschaftlichen Akademie für Vorsorgemedizin in Auftrag gegeben.
Noch ist in der Steiermark Schmalhans der sprichwörtliche Küchenmeister – jedenfalls was die Verfügbarkeit von COVID-19-Impfstoffen anlangt: Jede Phiole mehr – vielmehr aber noch jede weniger – fällt ins Gewicht: Ein unerwarteter Überhang verfügbarer Dosen löst seitens der Impfärzt*innen hektische Aktivität aus, um – immer – binnen kurzer Frist oder zu „Unzeiten“ anspruchsberechtigte Ersatzkandidat*innen für die Impfung aufzutreiben. Umgekehrt frustriert eine unerwartete Lieferverzögerung viele, die sich ihren Impftermin quasi als Feiertag in den Kalender eingetragen haben. Und dann gibt es noch jene, die gleichsam in letzter Sekunde der Mut zum Gestochen-werden oder Stechen bestimmter Vakzine verlässt.
Deshalb ist es enorm wichtig, mit der wertvollen Ressource COVID-19-Impfstoff ebenso verantwortungsvoll wie transparent umzugehen.
STOFFI macht Restimpfstoffe nutzbar
Was tun, wenn Vakzine kurzfristig „übrigbleiben“ – aus welchen Gründen oder Umständen auch immer? Zu Beginn des breitenwirksamen Impfens gab es in solchen Fällen „Telefonaktionen“, in denen niedergelassene Impfärzt*innen (oft zu Tagesrandzeiten und/oder an Wochenenden) gebeten wurden, Rest-Impfstoffe schnell an anspruchsberechtigte Patient*innen zu verabreichen. Diese Notlösungen haben funktioniert – und es war auch nötig, sie zu setzen: Denn jede verfallene Phiole ist zu vermeiden. Aber: Eine dauerhafte Lösung soll anders aussehen. Daher wurde die Wissenschaftliche Akademie für Vorsorgemedizin vom Land beauftragt, eine Lösung zu finden, mit der Rest-Impfstoffe ebenso zeitnah wie transparent an weitere impfende Ärzt*innen bzw. Impfstellen weitergegeben werden können. Der neue Dienst heißt STOFFI.
STOFFI ist eine webbasierte Plattform, in die man überzähligen Impfstoff einmeldet. Er kann nach dem Prinzip „First come first serve“ dann von anderen Impfärzt*innen verwendet werden. Für die Nutzung von STOFFI gibt es klare Voraussetzungen (siehe Kasten).
Sind sie erfüllt, liest STOFFI die Daten der an Restimpfstoff interessierten Ärzt*innen in die Plattform ein und diese erhalten – wenn in ihrer Nähe Restimpfstoff verfügbar ist – ein SMS/E-Mail, mit dem sie diese für sich reservieren können. Dabei gilt: Die/der Erste gewinnt – und holt sich die Impfstoffe bei der abgebenden Impfstraße bzw. -Ordination ab, um sie an eigene anspruchsberechtigte Patient*innen zu verabreichen. Abgegeben werden nur nicht angebrauchte Phiolen in aufgetautem Zustand.
Die Details von STOFFI werden derzeit konzipiert und programmiert – in den nächsten Monaten wird der Großteil der Restimpfstoffe über die vom Kastanienhof betriebenen Impfstraßen eingespeist werden. Ärzt*innen, die sich für Restimpfstoffe interessieren, sind aber gut beraten, diese Zeit zu nützen und schon jetzt abzuklären, ob die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind bzw. noch Meldungen nötig (unter https://ghdbservices.at/ kann man den erforderlichen online-Account bei der Wissenschaftlichen Akademie für Vorsorgemedizin registrieren. Ärzt*innen, die z. B. aus der Gratisimpfaktion für Kinder oder der Influenza-65+-Aktion schon einen WAVM-online-Account haben, brauchen nichts zu tun).
STIMMT-IST matcht Impfärzt*innen mit Impfstraßen
Ein weiterer Flaschenhals der COVID-19-Impfaktion ist die Verfügbarkeit von Impfärzt*innen für Impfstraßen: Es haben sich zwar viele Ärzt*innen schon beim Land zum Impfen in Impfstraßen angemeldet – mit zunehmender Verfügbarkeit von Impfstoff werden aber mehr Impfstraßenärzt*innen nötig.
Daher hat das Land Steiermark die WAVM auch damit beauftragt, das bereits bestehende Impfärztesuch-Tool STIMMT für Impfstraßen anzupassen: STIMMT-IST ist gleichsam eine Dating-Plattform zwischen Ärzt*innen, die in Impfstraßen impfen wollen, und den Impfstraßen: Die Ärzt*innen melden (ähnlich wie beim Bereitschaftsdienst) bei STIMMT-IST ein, dass sie an bestimmten (Halb-)Tagen in bestimmten Impfstraßen impfen wollen. Der Kastanienhof als Impfstraßenbetreiber wiederum meldet auf STIMMT-IST ein, an welchen Impfstraßen wann wie viele Impfärzt*innen nötig sind und wie vielen Ärzt*innen in welchem Umkreis der jeweilige Einsatz angeboten werden soll. Die werden dann per SMS/E-Mail von STIMMT-IST verständigt. Die Ärztin/der Arzt, die bzw. der als erste/r antwortet, reserviert den Einsatz für sich und wird von STIMMT-IST darüber benachrichtigt.
Definitiv fixiert wird der Impfauftrag durch den Kastanienhof in der Regel 9 bis 10 Tage vor dem Einsatz – und zwar wenn der Kastanienhof definitiv sicher ist, dass das Land der jeweiligen Impfstraße für den spezifischen Impftermin genügend Impfstoff zustellen wird. Die jeweiligen Impfärzt*innen erhalten über STIMMT-IST eine Verständigung über die Fixierung und der Einsatz ist zu diesen spezifischen Konditionen fixiert.
„Derzeit ist ein zweistufiges Vorgehen noch unumgänglich: Der Arzt meldet sein Interesse an einem bestimmten Impfstraßeneinsatz ein und der Kastanienhof fixiert diesen Einsatz – immerhin 10 Tage im Vorhinein – oder passt die Parameter an. Denn: Die Verfügbarkeit der Impfstoffe ist eben erst 10 Tage vor dem Einsatz sichergestellt. Hier müssen sich der Kastanienhof als Impfstraßenbetreiber, die Plattform STIMMT-IST und auch die Impfwilligen – noch – nach der Decke der Vakzin-Verfügbarkeit strecken. Letztlich gilt das für das Land selbst ja auch“, weiß WAVM-Obmann Michael Adomeit. „Das wird aber besser werden, wenn wir nicht mehr bange auf praktisch jede Lieferung warten müssen.“