AERZTE Steiermark 11/2024
 

Ausbildungsevaluierung 2024: Steiermark mehrheitlich im grünen Bereich

Die Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte in der Steiermark bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau. Einzig die Teilnahmebereitschaft lässt zu wünschen übrig. Ein noch besseres Ergebnis wurde dadurch, und durch die schlechte Bewertung der „evidenzbasierten Medizin“, wohl verpasst.

Insgesamt wurden die Ausbildungsstätten der steirischen Krankenanstalten von den Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung mit der Note 4,66 bewertet  – auf einer Skala mit 6,0 als Optimum. Gegenüber dem Vorjahr stellt das sogar ein kleines Plus dar. „Das ist wieder höchst erfreulich, wir bewegen uns auf einem guten Niveau“, konstatiert der Kurienobmann der angestellten Ärzt:innen, Gerhard Posch. „2025 wollen wir aber mehr und uns quasi einen Platz für die Champions-League-Qualifikation holen – sprich mindestens Platz 2.Sturm Graz war vor vier Jahren auch nur Sechster in der Fußball-Bundesliga und ist jetzt regierender Meister.“ Ein besseres Ergebnis – die steirischen Ausbildungsstätten liegen nur wenige Hundertstel hinter jenen in Kärnten und Salzburg sowie nur 0,17 hinter dem zweitplatzierten Oberösterreich – wurde maßgeblich durch zwei Faktoren negativ beeinflusst: Die schlechte Bewertung der „evidenzbasierten Medizin“ in der Ausbildung sowie die erneut schwache, wenn auch gegenüber 2023 leicht verbesserte Teilnahmebereitschaft. Nur 37 Prozent der Teilnahmeberechtigten – im Vorjahr waren es 33 Prozent – sendeten ihre Fragebögen zurück an die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH), die wieder die Abwicklung und Auswertung der anonymen Umfrage übernahm. „Wir werden unsere steirischen Ärztinnen und Ärzte davon überzeugen, dass sie der Anonymität der Umfrage wirklich vertrauen können. Die ETH gibt keinerlei persönliche Daten an uns weiter. Das ist so sicher wie das Bankgeheimnis einer Schweizer Bank. Wenn wir davon ausgehen, dass viele Abteilungen, die jetzt nicht bewertet wurden, zumindest den Landeschnitt gehalten, wenn nicht sogar übertroffen hätten, dann wäre schon heuer ein noch besseres Ergebnis drin gewesen“, rechnet Posch vor.

Wissenschaftliche Ausbildung prüfen

Das Ergebnis wurde ebenfalls von der miserablen Bewertung der Dimension „Evidence based medicine“ gedrückt, die nur mit 3,75 zu Buche schlug. Das entspricht laut Projektleiter Michael Siegrist von der ETH Zürich gerade noch einem „Genügend“. Zum Vergleich: Der Österreichschnitt lag hier bei 3,84, Oberösterreich war mit 4,03 top. Wie auf Bundes­ebene möchte man nun auch in der Landeskurie diesbezüglich das Gespräch mit der Medizinischen Universität Graz suchen, um der Frage nachzugehen, wie die wissenschaftliche Ausbildung im Studium konkret aussieht – und wie man sie verbessern könnte.

Gutes betriebliches Umfeld

Sehr gut war dagegen das Ergebnis bei der Entscheidungskultur (4,89), der Betriebskultur (4,89) und der Fehlerkultur (4,86). Kurienobmann-Stellvertreter Gerhard Postl: „Das zeigt, dass es zwischen Führungsebene und Mitarbeitern sehr gut zu funktionieren scheint. Das sind alles Faktoren, die auch dafür sorgen, dass sich unsere Ärztinnen und Ärzte im betrieblichen Umfeld wohlfühlen und gerne ins Spital kommen – zufriedene Mitarbeiter sind bekanntlich leistungsfähiger und motivierter. Das kommt vor allem unseren Patientinnen und Patienten zugute.“

Sehr gut für jede 5. Abteilung

Global betrachtet wurden 21 Prozent der bewerteten Ausbildungsabteilungen mit einem „Sehr gut“ bedacht (also einem Wert von mindestens 5,5 auf der Bewertungsskala). Das ist ein Plus von einem Prozent. Beim „Gut“ ist es umgekehrt (26 zu 27 %), beim „Befriedigend“ gibt es wieder ein leichtes Plus (24 zu 23 %). „Die gut bewerteten Abteilungen haben ihr Niveau gehalten“, so Kurienobmann Posch.

Beste Häuser, beste Fächer

Wenn abgestimmt wird, müssen die Besten der Besten auch vor den Vorhang, um sich den verdienten Applaus zu holen: Er gebührt dieses Mal dem Verbund LKH Weststeiermark (der sich gegenüber 2023 von 4,80 auf 5,38 gesteigert hat) sowie dem KAVB Rottenmann-Bad Aussee (5,05) und dem Verbund LKH Oststeiermark (4,95). Bei der Bewertung der einzelnen Fächer hat die Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin mit 4,93 überdurchschnittlich stark abgeschnitten (Österreichschnitt: 4,67), gefolgt von der Inneren Medizin (4,74). Nachholbedarf besteht in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, dieses Fach kam über 4,05 nicht hinaus. „Wir werden uns alle Ergebnisse im Detail anschauen, die Analyse läuft. Und wir untersuchen auch, warum aus manchen Abteilungen zu wenige Bewertungen eingegangen sind, sodass sie nicht ins Ergebnis inkludiert werden konnten. Hier werden wir Ursachenforschung betreiben“, betont Posch.

Ausbildung ernst nehmen

„Daher möchte ich an alle appellieren: Machen Sie beim nächsten Mal mit, vergleichen Sie Ihre Abteilung mit den anderen aus Ihrem Fach und treten Sie in den freundlichen, sportlichen Wettkampf ein!“, motiviert der Kurienobmann der angestellten Ärzt:innen. „Ausbildung ist uns als Standesvertretung extrem wichtig, das betonen wir immer wieder und wir setzen uns dafür mit aller Kraft ein“, ergänzt Kurienobmann-Stellvertreter Gerhard Postl. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gelingt, gemeinsam mit allen Beteiligten den Rücklauf für 2025 deutlich zu steigern. Die Evaluierung ist nun bekannt – und wenn Sie sich die Ergebnisse auf der Website der ÖÄK anschauen und die Abteilungen untereinander vergleichen, wird jede und jeder sehen, wie wichtig und interessant das ist und wie wertvoll, um die Ausbildung der nächsten Generation Ärztinnen und Ärzte zu optimieren“, fasst Kurienobmann Gerhard Posch zusammen. Hier geht’s direkt zu den Ergebnissen der Ausbildungsevaluierung 2024: QR-Code oder: https://ausbildungsevaluierung.aerztekammer.at/2024/

 

Fotos: Furgler