AERZTE Steiermark 06/2025
Wo Ordnung Leben rettet – militärische Stärke in der Medizin
Als Facharzt für Orthopädie und Traumatologie mit Spezialisierung auf Wirbelsäulenchirurgie und Orthogeriatrie in Graz steht für Leo Kronberger der Erhalt der Lebensqualität – insbesondere älterer – Menschen im Zentrum. Gleichzeitig kann er auch auf eine beachtliche militärische Laufbahn verweisen.
Mit 15 Jahren begann Leo Kronberger sein ehrenamtliches Engagement bei der Rotkreuz-Jugend und sammelte dort erste praktische Erfahrungen im Bereich des Rettungs- und Sanitätsdienstes. Mit 18 Jahren trat er als Einjährig-Freiwilliger (EF) den Dienst für das österreichische Bundesheere in Fehring an – eine Entscheidung, die seinen weiteren Werdegang ergänzte und prägte. „Der Dienst beim Heer war für mich eine wertvolle Möglichkeit, meine eigenen Stärken und Schwächen besser kennenzulernen“, erinnert sich Kronberger. „Gerade in fordernden Situationen erkennt man, wozu man noch fähig ist – selbst wenn man glaubt, es geht nichts mehr.“
(Militär-)Medizin bei der Airpower
Dem Bundesheer blieb Leo Kronberger bis heute treu, auch als er mit 19 Jahren zum Studieren und anschließend für seine Facharztausbildung ins Ausland ging. „Die Zeit beim Heer hat mir nicht nur wertvolle Kameradschaften geschenkt – sie hat mir auch gezeigt, wie entscheidend jede und jeder Einzelne für ein funktionierendes Team ist“, sagt der gebürtige Steirer. Seine Ausbildung zum Milizoffizier ermöglichte ihm zahlreiche Stationen: An der Theresianischen Militärakademie, der Sanitätsschule in Wien sowie im Sanitätszentrum Süd in Graz absolvierte er unter anderem Lehrgänge zum Rettungsschwimmer, Notfallsanitäter und Truppenoffizier.
Seinen ersten Einsatz als Heeressanitäter hatte Kronberger 2009 bei der Airpower, der großen Flugschau des Bundesheeres in Kooperation mit Red Bull und dem Land Steiermark – und er sollte wiederkehren. Trotz seiner 17 Jahre im Ausland hielt er Kontakt und nahm regelmäßig an Übungen teil. Nach seiner Rückkehr nach Österreich Ende 2023 war für ihn klar: Er bleibt Teil des Bundesheeres. 2024 war er erneut bei der Airpower im Einsatz – diesmal erstmals als Militärarzt und Offizier. „Man trifft alte Bekannte, spürt aber auch, wie sich Strukturen und Abläufe weiterentwickelt haben“, berichtet Kronberger. Besonders schätzt er die Zusammenarbeit mit engagierten Menschen aus Militär, Rettung und Organisation – „alle mit dem Ziel, ein sicheres, familienfreundliches Event zu gestalten.“ Für ihn sind die Einsätze ein spannender Kontrast zum klinischen Alltag – und zugleich eine Ergänzung: „Die Airpower verbindet meine medizinische Leidenschaft mit dem strukturierten Denken des militärischen Umfelds. Das ermöglicht Austausch auf einer ganz anderen Ebene.“
„Glücklicherweise sind die medizinischen Aufgaben bei der Airpower meist niederschwellig“, so Kronberger. „Es gibt nur wenige akute Notfälle.“ Dennoch wird für den Ernstfall intensiv trainiert. Gemeinsam mit Feuerwehr, Rettung, Polizei und Militär werden realistische Großschadenszenarien geübt und Abläufe abgestimmt. „Wir arbeiten eng und koordiniert zusammen – vor Ort, aber auch im Hintergrund. Kleine mobile Teams mischen sich unter die Besucher:innen, größere Einheiten sichern die Ränder des Veranstaltungsgeländes. Auch die umliegenden Spitäler sind in das Gesamtkonzept eingebunden.“
Orthogeriatrie als Einhorn
Mit völlig anderen Szenarien beschäftigt sich Leo Kronberger in seinem beruflichen Alltag, in dem er sich auf Wirbelsäulenchirurgie und geriatrische Orthopädie spezialisiert hat. Am Anfang der orthopädisch-traumatologischen Ausbildung lag sein Fokus auf Gelenken und der Sportmedizin. „An der Universitätsklinik Balgrist in der Schweiz habe ich aber gesehen, das wollen viele und mich indessen gefragt, worin meine medizinische Schwerpunkt-Passion liegt?“ Neben seiner spezialisierten Ausbildung zum Wirbelsäulenchirurgen am Wirbelsäulenzentrum des Luzerner Kantonsspitals sowie an der Schulthess Klinik in Zürich entwickelte Leo Kronberger durch seine Tätigkeit in der Alterstraumatologie am Luzerner Kantonsspital ein zunehmendes Interesse an orthogeriatrischen Fragestellungen.
Die Verbindung beider Bereiche – Wirbelsäulenerkrankungen und Altersmedizin – wurde für ihn zum inhaltlichen Schwerpunkt, den er durch die Bewerbung an der Europäischen Akademie für Altersmedizin gezielt vertiefen wollte. Nach zweijähriger Ausbildung ist er derzeit der einzige Orthopäde in Europa, der die „European Academy for Medicine of Ageing“ (EAMA) abgeschlossen hat. „Für viele war ich damit das bunte Einhorn, aber ich bin sehr glücklich, diesen Weg eingeschlagen zu haben“, schmunzelt Kronberger.
Interdisziplinär und interprofessionell
Zurück in Graz wurde der Arzt Ordinationspartner bei „Die Orthopaeden“, wo er zusätzlich ein eigenes Kompetenzzentrum für Orthogeriatrie gründete. In diesem versucht er den Patient:innen den orthogeriatrischen Ansatz näherzubringen: Der Fokus liegt darauf, einerseits durch Prävention die Lebensqualität im Alter zu erhalten und, sofern notwendig, durch Intervention zu verbessern – ob konservativ oder operativ. Sollte ein operativer Eingriff notwendig sein, gilt es in jedem Fall präoperativ zu optimieren. „Das bedeutet, ich erstelle vorab eine konkrete Planung, die den gesamten Patientenpfad abdeckt. Die Zauberwörter heißen interdisziplinär und interprofessionell“, betont der Spezialist.
Gefragt ist ein „Out of the box“-Denken. Vernetzt zu arbeiten und das Know-how anderer Ärzt:innen und Expert:innen einfließen zu lassen, ist seiner Meinung nach unerlässlich. „Ein Maurer würde sein Haus auch nie ganz allein bauen und so braucht es auch bei uns die Expertise von anderen Fachrichtungen wie z. B. Neurologie, Innere Medizin, Osteologie etc., sowie von medizinischen Fachbereichen wie der Pflege oder der Physiotherapie.“ Sein vorrangiges Ziel ist es daher auch, sein Wissen weiterzugeben und das Netzwerk, über das er gemeinsam mit seinen Kollegen verfügt, so gut als möglich zu nutzen und für die Patient:innen einzusetzen.
Ganzheitlicher Blick
Viele Patient:innen kommen mit klar benannten orthopädischen Diagnosen wie einer Spinalkanalstenose, Arthrose oder einem Bandscheibenvorfall zu uns. Doch diese Beschwerden sind oft nur die Spitze des Eisbergs. Gerade im höheren Lebensalter sind solche Krankheitsbilder fast immer Teil eines komplexen, multimorbiden Gesundheitszustandes. Ein rein symptomorientierter Zugang greift daher zu kurz. Entscheidend ist ein ganzheitlicher Blick. Es geht dann darum, gemeinsam mit den Patient:innen Ziele zu definieren und gemeinsam darauf hinzuarbeiten. „Es macht keinen Sinn den Großglockner als Ziel zu definieren, wenn jemand noch nicht auf dem Schöckl war.“ Kronberger fragt seine Patient:innen daher: „Was macht Sie glücklich?“ – und erntet dafür oftmals erstaunte Blicke.
Fotocredit: Pixellious, privat