AERZTE Steiermark 11/2025 

 

Von der Praxis aufs Parkett

Wenn Wolfgang Hödl tagsüber seine Patientinnen und Patienten betreut, geht es um Gesundheit, Bewegung, Lebensqualität. Nach Ordinationsschluss praktiziert er gemeinsam mit seiner Frau Silvia ein besonderes Rezept für Vitalität – den Tanzsport.

Seit über drei Jahrzehnten führt Wolfgang Hödl seine Ordination als Arzt für Allgemeinmedizin in Niklasdorf, von Beginn an unterstützt durch seine Frau Silvia. Ein Team sind die beiden nicht nur im Berufsleben, auch ihr größtes Hobby ist eng an den jeweils anderen gebunden: das Tanzen. Gemeinsam finden sie auf dem Parkett eine Leichtigkeit, die im hektischen Praxisalltag selten Platz hat, sorgt doch der Abgang eines Arztes in der Region seit einiger Zeit für ein noch volleres Wartezimmer.

Vom Ehrgeiz gepackt

Kennengelernt haben sich die beiden – wie könnte es anders sein – bereits in jungen Jahren in der Tanzschule. Schritt für Schritt, Kurs für Kurs wurde der Tanzsport zu ihrer großen Leidenschaft. Doch erst viel später im Zuge eines Tanzurlaubs erfuhren sie, dass es Turniere auch für Senior:innen gibt. „Da hat uns der Ehrgeiz gepackt“, so Hödl. „Beim ersten Bewerb sind wir allerdings gleich Letzte geworden“, lacht er, „daraufhin haben wir es gleich wieder gelassen.“ Ein Jahr später hat das Paar jedoch beschlossen, es wieder zu probieren und Trainerstunden genommen. „Wir haben dann 2017 in der niedrigsten Klasse begonnen und uns kontinuierlich hinaufgetanzt.“

Strenge Regeln

Die strengen Regeln beim Turniertanz sind anfangs gewöhnungsbedürftig. „Die Frau muss sich klar führen lassen – da musste ich erst ein bisschen umlernen“, erzählt Silvia Hödl von den Anfängen. Zudem gibt es in der Unterklasse eine Schrittbegrenzung, die sehr reduziert ist und sich eigentlich auf die Grundschritte und wenige Figuren begrenzt. In der Oberklasse gibt es dann keine Figurenbeschränkung. Wer bei Wettbewerben mitmischen will, braucht aber Kondition: 5 Tänze in Standard und/oder 5 in Latein, jeweils rund eineinhalb Minuten lang. „Die meisten entscheiden sich für eine Richtung – wir tanzen beides“, erzählt Wolfgang Hödl nicht ohne Stolz.

Hartes Training

Und dafür nehmen Silvia und Wolfgang Hödl einiges in Kauf. Da sie als einziges Turnierpaar ihres Heimvereins, dem KSV Kapfenberg, keine entsprechenden Trainingsmöglichkeiten vorfinden, fahren sie einmal pro Woche nach Ordinationsschluss nach Wien. Dort trainieren sie 2 bis 3 Stunden bei ihren Coaches Simon Schmidt (Latein) und Markus Hackl (Standard). 3 Trainingswochen im Sommer kommen noch dazu. Gegenüber Wiener Paaren, die bis zu 6 Mal pro Woche trainieren, sind sie zwar im Nachteil – aber nicht weniger erfolgreich. In der Kategorie Latein tanzen die beiden inzwischen in der höchsten, in der Kategorie Standard in der zweithöchsten Klasse. Auf der Haben-Seite können sie neben steirischen Meistertiteln in Latein und Kombi, auch zahlreiche Teilnahmen an internationalen Wettbewerben, wie zum Beispiel in Marburg oder Nizza, verbuchen.

WM als Höhepunkt

Der Höhepunkt war aber die Teilnahme bei den Lateinamerikanischen Weltmeisterschaften im Rahmen des heurigen „Dance Concourse“ im Wiener Rathaus. Dort konnten Silvia und Wolfgang Hödl in ihrer Klasse – Senioren 3 (von 55-65) – trotz starker Konkurrenz einen Platz unter den ersten 100 ertanzen. „Darunter gibt es nicht wenige, die bereits seit ihrer Jugend dem Tanzsport verbunden sind und auf entsprechende Technik und Erfahrung zurückgreifen können“, zeigt sich Hödl mit dem Erreichten zufrieden. Denn überhaupt an einer WM teilnehmen zu dürfen, ist eine sensationelle Leistung und „ein Traum seit meiner Jugend“, so der Arzt. Seine Tanzpartnerin hat da einen anderen Zugang: „Für mich müsste es keinen Wettkampf geben. Wir Frauen tanzen ja viel mehr, weil die Kleider so schön sind“, so Silvia Hödl augenzwinkernd.

Tanzen ist Therapie

D’accord gehen sie wieder beim medizinischen Aspekt ihres Hobbys: „Der Tanzsport wird ja oft als Randsportart gesehen“, so Hödl. „Diese Rolle nimmt er aber zu Unrecht ein, ist Tanzen doch für jedes Alter und jeden Fitnessgrad ein geeignetes Hobby.“ Gerade für Senior:innen bringt das Tanzen jede Menge gesundheitlicher Vorteile. Es stärkt nicht nur auf das Herz-Kreislauf-System und steigert damit die Fitness, auch die Beweglichkeit, Koordination und Konzentration wird gefordert und gefördert. „Ich empfehle meinen Patientinnen und Patienten das Tanzen nicht nur um körperlich fit zu bleiben, es dient auch der Demenzvorbeugung.“ Dass es keine Altersgrenzen gibt, beweist der älteste Teilnehmer am letzten Turniers – 84 Jahre alt.

Nachfolger:in gesucht

Für die Zukunft wünschen sich beide vor allem Gesundheit – und vielleicht ein bisschen mehr Zeit. „Weltmeister werden wir wohl nicht mehr“, lacht Wolfgang Hödl, „aber auf das nächste WDSF-Turnier 2026 in Graz freuen wir uns schon sehr.“ Und Wolfgang Hödl setzt noch einen großen Wunsch nach: „Einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für unsere bestens eingeführte Ordination und unser tolles Team zu finden wäre wirklich schön.“ So gäbe es auch mehr Zeit für ihr Hobby, das Tanzen, und die beiden Enkelkinder.

 

Foto: Regina Wien