Distriktsärzte-Nachfolge: Und sie bewegt sich doch …
Elf Jahre und fünf Gesundheitslandesräte hat es gedauert, bis eine tragfähige Ersatzlösung für das Distriktsärztemodell gefunden wurde. Von den 277 DistriktsärztInnen, die es 2003 gab, arbeiten heute nur mehr 136.
Im August 2003 – Gesundheitslandesrat war damals Wolfgang Erlitz – trat das steirische Gemeindesanitätsgesetz in Kraft. Damit war das Ende des Distriktsärztesystems, also das System vom Land angestellter, niedergelassener Ärztinnen und Ärzte besiegelt, die öffentliche Aufgaben, wie Totenbeschauen und UBG-Untersuchungen übernehmen.
Spürbare Auswirkungen gab es unmittelbar keine, denn alle 277 DistrikärztInnen blieben tätig – vorerst. In erster Linie durch Pensionierungen sank die Zahl stetig – heute sind es nur mehr 136, die neben ihrer Tätigkeit in der Praxis auch distriktsärztlich tätig sind. Und Nachbesetzungen, das war ja die Idee des Gesetzes, gab es keine.
Langsame Wirkung
Erst im Lauf der Jahre wirkte sich die Reduktion aus. Immer wieder erschienen Medienberichte, in denen sich trauernde Angehörige darüber beklagten, dass sie (zu) lange auf einen Totenbeschauer warten mussten.
Die Ärztekammer hatte von Anfang an gewarnt: Man werde eine Lösung suchen müssen und die Gemeinden seien mit der Organisation von Ersatz überfordert. Für das Land hatte das Thema aber über lange Zeit keine Priorität. Anläufe durch die Ärztekammer gab es wiederholt: Unter Erlitz-Nachfolger Helmut Hirth, dessen Nachfolgerin Bettina Vollath, und dann unter Kristina Edlinger-Ploder. Erst 2011 startete ein Prozess, der tatsächlich eine Lösung des acht Jahre zuvor entstandenen Problems suchte.
Neue Gesprächspartner
Wesentlich dafür: Mit dem Präsidenten des Gemeindebundes, Erwin Dirnberger, dessen Geschäftsführer Martin Ozimic sowie dem Gesundheitsexperten im Büro Edlinger-Ploder, Büroleiter Michael Koren, standen Gesprächspartner zur Verfügung, die den Lösungswillen mit der Ärztekammer (hier an erster Stelle Kurienobmann Vizepräsident Jörg Garzarolli) teilten. Wirklich rasch ging es dennoch nicht, aber jetzt im Jahr 2014, unter dem fünften Gesundheitslandesrat, Christopher Drexler, ist eine tragfähige Lösung auf dem Tisch. Und es gibt die nötigen Beschlüsse in der Ärztekammer, im Gemeindebund, aber auch die erforderliche Beteiligung des Landes.
Die Eckpunkte der neuen Vereinbarung
- Die Bereitschaftsdienstpauschale am Wochenende und am Feiertag wird für Ärzt¬innen und Ärzte, die eine vertragliche Vereinbarung abschließen und auch Totenbeschauen durchführen, auf 157 Euro (pro 12 Stunden) wertgesichert erhöht.
- Die Abgeltung für Totenbeschauen wird auf 160 Euro plus Kilometergeld plus Zulagen gem. GA-Entgelt-VO angehoben, ebenfalls wertgesichert – der Leistungsumfang ist in der Gemeindearzt-Entgelt-Verordnung geregelt.
- Für die Verträge zwischen Ärztinnen bzw. Ärzten und Gemeinden gibt es einen Mustervertrag – bestehende Gemeindearztverträge bleiben aufrecht, wenn sie bessere Konditionen beinhalten.
- Die Gemeinden übernehmen prinzipiell die Kosten der Vertretung von Distrikts¬ärzten an Samstagen, Sonn- und Feiertagen, bei Urlaub, Krankenstand und Fortbildung sowie für den freiwilligen Bereitschaftsdienst in der Nacht.
- Das Thema Haftung ist durch die Berufshaftung der Ärztin/des Arztes und durch die Amtshaftung – nach Auskunft des Landes – abgedeckt.
- UBG: Untersuchungen sollen unter Tags verpflichtend von AmtsärztInnen durchgeführt werden. Für Gemeinde- bzw. niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, die diese Untersuchungen (während ihres Bereitschaftsdienstes) durchführen, gibt es zusätzlich zur Bundesgebühr von 87 Euro 50 Euro seitens des Landes (valorisiert).
Kurienobmann Vizepräsident Jörg Garzarolli zieht eine gemischte, aber letztlich positive Bilanz: „Die Distriktsärztethematik zeigt, wie viel einfacher es ist, ein Versorgungsmodell abzuschaffen, als die Auswirkungen zu bekämpfen – auch wenn sie erkannt wurden. Sie zeigt aber auch, dass es eine Lösung geben kann, wenn die richtigen Leute sich gemeinsam darum bemühen und wenn das Problem real spürbar wird.“