Arzt im besonderen Dienst: Bootswerft im Keller
Als leidenschaftlicher Facharzt für Unfallchirurgie hat Martin Mähring mit seinen geschickten Händen vielen Menschen geholfen. Ebenso geschickt verbindet er in seiner Pension seine Liebe, mit Holz zu arbeiten, mit seiner Freude am Segeln.
REINHARD A. SUDY
„Mein Vater hatte in der Herrengasse eine Zahnarztpraxis, auch ich entschied mich für das Medizinstudium – wurde aber Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie“ blickt Martin Mähring auf seine Anfänge zurück. 1994 übernahm er die Leitung der neu errichteten Abteilung für Unfallchirurgie im LKH Bruck/Mur, bis ihn ein weiterer Karriereschritt Anfang 2002 mit der Bestellung zum ärztlichen Leiter des UKH Graz zurück in seine Heimatstadt brachte. Und nach 40 Jahren als Spitalsarzt, davon 20 Jahre in Führungspositionen, ging Primar Univ.-Prof. Dr. Martin Mähring Ende 2009 in Pension. Stolz erinnert er sich an die arbeitsintensive Gründungszeit der Brucker Abteilung für Unfallchirurgie, die dank hoher Fachkompetenz und moderner Behandlungsmethoden rasch einen hervorragenden Ruf in der Bevölkerung bekam, und an die herausfordernden Aufgaben während seiner UKH-Jahre. „Meilensteine waren sicherlich der Bau und die Eröffnung des LKH Graz West, das an unser UKH angedockt wurde, damit verbunden die österreichweit erstmalige Kooperation zwischen drei Spitalsträgern (AUVA, KAGes, BHB), herausfordernd war auch die Inbetriebnahme eines der modernsten OP-Bereiche Europas. Besonders gefreut hat mich die österreichweit erstmalige Implementierung eines Risiko- und Fehlermanagementsystems.“
Vielseitig interessiert
Bereits in seiner Zeit als Primarius im LKH Bruck a. d. Mur begann Martin Mähring Waldhorn zu spielen: „Ich habe es bei einem Hornisten der Philharmoniker gelernt und bin heute beim Diletto Grazioso Orchester aktiv. Derzeit übe ich gerade intensiv für eine Aufführung der 8. Sinfonie von Ludwig van Beethoven.“ Sein Klavier, auf dem er als Kind geübt hatte, ist dadurch auch wieder zu Ehren gekommen. Davor steht ein von ihm gemachter, zierlicher Notenständer aus Kirschholz. Martin Mähring war schon von klein an ein geschickter Bastler und hat während des Studiums in einer Werkstätte für Jagdzubehörartikel gejobbt. „Mein Gefühl für Holz und seine Bearbeitung, überhaupt ein gutes Materialverständnis waren sicherlich von Vorteil für meine unfallchirurgische und orthopädische Arbeit. Da kann es zum Beispiel schon wichtig sein zu wissen, wie fest man eine Schraube anziehen kann oder wann der Bohrer zu heiß wird.“
Auf den Spuren von James Cook
Der barocke Notenständer ist nur eines seiner selbst gefertigten Möbelstücke. Der Nachbau eines Josefinischen Schranks aus sehr altem Kirschholz, eines Bauernschranks mit Tabernakel aus Weichholz und eines Jogl-Tisches, dessen Original in der Sölker Bauernstube des Joanneums stand, schmücken als alltäglich genutzte Möbel seine Wohnung. Hier dokumentiert das detailgetreue Modell des berühmten Segelschiffes Endeavour seine große Holz-Faszination und Segel-Leidenschaft. An der australischen Nordostküste hätte die erste Südseereise des britischen Entdeckers James Cook beinahe ihr Ende gefunden. Er lief mit seinem Expeditionsschiff, der HMS Endeavour, im Großen Barriereriff auf Grund und es drohte zu sinken.
Genau hier fand Martin Mähring auf seiner Australien-Rundreise die Kokosnuss, die heute auf dem Glaskasten mit dem Segelschiff-Modell thront. „Für die Takelage habe ich 2.000 Leinenschnur-Knoten gemacht und die Planken sind mit Hilfe eines Teekessels dampfgebogen“ schildert Martin Mähring.
Holz und Segeln verbindet die Familie
Mit seiner 2011 verstorbenen Frau Herta, einer Kinderärztin, hat Martin Mähring drei Söhne: Michael, ein Architekt, und Klaus, ein Fotograf, leben in Wien. Georg, der eine Möbelbauschule in Kalifornien besucht, sich in England weitergebildet und lange bei einem aus dem Schiffsbau kommenden und auf das Dampfbiegen spezialisierten Tischler gearbeitet hat, ist heute ein auf Vollholz-Möbel spezialisierter Tischler in Graz. „Ich genieße das sehr und beschäftige mich gerne mit meinen Enkelkindern“ lächelt Martin Mähring, der gemeinsam mit vier Freunden zehn Jahre lang ein Segelboot hatte. „Da sind damals auch meine Kinder mitgefahren, und mein ältester Sohn Georg hat sich vor kurzem ein altes, 6-Meter langes Holzsegelboot gekauft, es hergerichtet und ist mit seiner Familie Richtung Griechenland auf Reise gegangen“.
Vom Grazer Keller zum Packer Stausee
Bei einem Besuch seines Sohnes in Kalifornien kam Martin Mähring im Hafengebiet von San Francisco an einer Bootsbauschule vorbei – und damit auf den Geschmack: Bald darauf war er für zwei Wochen bei einem Bootsbaukurs an der Boat Building Academy im Südwesten Englands. Und an einem verlängerten Wochenende hat er noch einen Kurs für den Bau der sehr aufwändig herzustellenden Ruder besucht. Nun begann er, in seinem Keller ein Ruderboot aus steirischem Eichen- und Lärchenholz zu bauen. Damit es auch herausgebracht werden konnte, reduzierte er das eigentlich 4,20 Meter lange Boot maßstabgenau auf 3,80 Meter.
„Mit einem aus Dachlatten schnell gezimmerten Testboot probierte ich aus, ob ich damit über die steile Kellerstiege und um die Ecken ins Freie komme. Dann habe ich vier Jahre daran gearbeitet, wann immer ich Zeit und Spaß hatte“, blickt Martin Mähring zurück. Er kam mit überraschend wenig Werkzeug, wie einigen Spezialhobeln, Zwingen und einer Bandsäge aus. Originell war die rund um einen am Flohmarkt gekauften Kelomat gebaute kleine Anlage, um die Planken seines Ruderboots mit Dampf weich zu machen und in die richtige Form zu bringen. Nun ist das nach seinem Enkel Dany benannte Ruderboot am Packer Stausee im Einsatz. Ebenso wie eine Optimisten-Jolle, ein etwas kleineres, nur 3,20 Meter langes leichtes Segelboot für die Enkeln, das er mit Kiefern- und Bootssperrholz ebenfalls in seinem Keller gebaut hat.
Seinem Traum, ein etwas größeres Holzsegelboot mit Kajüte nachzubauen oder ein altes Boot wieder herzurichten, hängt er noch nach, und vielleicht wird er noch wahr. Schneller dürfte Mähring sein Vorhaben verwirklichen, eigenes Olivenöl zu erzeugen. Die Olivenernte ist zwar sehr schwach ausgefallen, aber erstmals gibt es eingelegte Oliven vom eigenen Olivenhain auf seinem kleinen Grundstück in Griechenland.
Fotocredit: Reinhard A. Sudy; privat