„Es ist fertig“
Seit 23 Jahren leitet Renate Skledar die steirische PatientInnen- und Pflegeombudsschaft (PPO). Zur Jahresmitte geht sie in Pension. Scharfe Kritik übt sie am Verhalten der KAGes in Schlichtungsfällen. Ihrer Nachfolgerin oder ihrem Nachfolger wünscht sie Sachkenntnis und Geradlinigkeit.
Martin Novak
„Ich habe nie die Medien gesucht“, sagt Renate Skledar, auch wenn sie nur wenige Wochen vor ihrem Pensionsantritt im Zusammenhang mit der tödlich verlaufenen Herztransplantation am LKH-Universitätsklinikum Graz breitestes Medieninteresse findet. Ganz unrecht ist ihr die umfassende Berichterstattung aber auch nicht. Nur über sie ließe sich der erforderliche Druck aufbauen.
Denn eines bleibt Skledar, auch kurz bevor sie in den Ruhestand gehen wird (der übrigens so ruhig nicht sein wird, weil sie eine passionierte Wohnmobilreisende ist und noch für dieses Jahr einen längeren Trip nach Skandinavien plant): kämpferisch im Interesse der Hilfesuchenden.
Geduldig
Von den Menschen, die ihre Unterstützung in Anspruch nehmen, hat Renate Skledar eine hohe Meinung. Zwar seien die Menschen heute kritischer als früher, aber die überwiegende Zahl ist ihrer Erfahrung nach dennoch sehr geduldig: „Der Großteil will nur, dass aus Fehlern gelernt wird.“
Ihre Aufgabe sieht sie auch nicht darin, ungeprüft die Vorwürfe der Patientinnen und Patienten zu übernehmen. Ein beträchtlicher Teil ihrer Tätigkeit bestehe darin, die Menschen aufzuklären und sie gegebenenfalls auch davon abzuhalten, den Konflikt zu suchen, sagt Skledar. Aber das Feilschen um jeden Euro, das sie seitens der KAGes in der unabhängigen Schlichtungsstelle erlebe, könne sie trotzdem zornig machen. Lösungen, so ihr Vorwurf, würden teils systematisch verschleppt, auch wenn die Gutachten eindeutig seien und der richterliche Vorsitzende sich für einen Vergleich ausspreche: „Das tut man nicht – das ist unmoralisch, selbstherrlich und dreist“, wettert sie in Richtung KAGes-Vertretung in der Schlichtungsstelle.
Wobei sie die Einrichtung per se durchaus lobt: „Die Schlichtungsstelle arbeitet sehr gut“, sagt Skledar. Auch den von der Schlichtungsstelle beauftragten Gutachterinnen und Gutachtern zollt sie Respekt: „Wenn Gutachter negativ entscheiden, ist den Patienten zu raten, nicht vor Gericht zu gehen.“
Ebenso lobt die scheidende PatientInnen-Ombudsfrau die Haltung der Ärztinnen und Ärzte in den Spitälern. Sie erlebe dort „hohe Toleranz und Wertschätzung“. Von der überwiegenden Zahl werde sie „nicht als Feindbild gesehen“. Das liegt wohl auch an ihrem beruflichen Hintergrund. Die studierte Juristin ist auch diplomierte Krankenschwester und hat den Beruf mehrere Jahre ausgeübt. Mit dieser Doppelkompetenz ist sie in der PPO übrigens nicht allein.
Was ihr auch auffällt: Private und Ordensspitäler seien „viel offener“ als das KAGes-Schadensmanagement. „Sie sind näher an den Menschen“, vermutet die PatientInnen-Ombudsfrau. Daher könnten sie ebenso wie die KAGes-Ärztinnen und -Ärzte, die bei der Schlichtungsabwicklung aber wenig mitzuentscheiden haben, ein wichtiges Motto besser leben als die zuständige Abteilung: „Wer sagt, er kann keine Fehler machen, hat schon einen Fehler gemacht.“
Während Skledar aber im Falle der Schlichtung KAGes und Land nicht nur aktuell, sondern über lange Zeit massiv in die Kritik nimmt („In zwölf von 18 Tätigkeitsberichten haben wir die KAGes kritisiert“), gibt es in einem anderen Bereich durchaus Übereinstimmung: Für den Bezirk Liezen sieht sie die Lösung nur in einem zentralen Leitspital: „Anders kriegst du das Personal und die nötigen Fallzahlen nicht.“ Was es aber brauche, seien „die begleitenden Maßnahmen“ im niedergelassenen und im notärztlichen Bereich. Sie habe sich auch immer gegen eine Volksbefragung ausgesprochen, weil das Thema dafür zu komplex sei. Dass sie dafür von Gegnern der Leitspital-Lösung als „Sprachrohr Drexlers“ gescholten wurde, habe sie als „persönliche Beleidigung“ empfunden.
„Nein!“
Das ist ihre klare, fast empörte Antwort auf die Frage, ob sie nach ihrer Pensionierung als PatientInnen- und Pflegeombudsfrau in einer anderen Rolle in die Gesundheitspolitik oder -verwaltung zurückkehren wolle. „Es ist fertig“, stellt sie klar. Sie werde nicht „wie eine Untote aus der Versenkung kommen“. Antreffen wird man Renate Skledar also in Zukunft vorrangig in ihrem Haus auf der Hebalm oder im Wohnmobil an diversen Reisezielen. Neben Skandinavien ist bereits die Bretagne konkret geplant. Nicht so viel Freude wird Skledars rumänischer Hirtenhund mit der Entwicklung haben: Der verbringt die Zeit nämlich lieber im Büro als im Wohnmobil. „Aber das weiß er noch nicht“, lächelt sie.
Wirklich vermissen sollte sie nach den jüngeren und weniger jungen Erfahrungen ihre Tätigkeit nicht: „Der Überbringer der schlechten Nachricht wird geköpft“, beschreibt sie ihre antike Erfahrung. Und: „Es ist mit der Stelle verbunden, dass man sich Feinde macht.“
Krämerladen
In einem Schreiben an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses im Landtag hat sich PatientInnen- und Pflegeombudsfrau Renate Skledar Luft gemacht. Das Schadensmanagement der KAGes habe sie schon vor 15 Jahren kritisiert und das in Kooperationssitzungen mit der Spitalsgesellschaft auch vielfach mitgeteilt. Skledar listet auch eine Reihe von Beispielen auf, die belegen, wie langsam sich die KAGes bewegt: Von der ersten Forderung nach einer zusätzlichen KAGes-Schlichtungsstellen-Kommission, um das große Arbeitspensum und die „unzumutbar lange Verfahrensdauer“ (Skledar) zu reduzieren, habe es mehr als sieben Jahre gedauert, nennt sie als Beispiel. Kritisch sieht sie auch, dass zusätzlich zu den KAGes-Vertretern Repräsentanten des Landes in den Kommissionen vertreten seien, obwohl diese kaum eigene Positionen vertreten. Harter Vorwurf: Sie habe den Eindruck, „dass PatientInnen von der KAGes in Gerichtsverfahren ͵getriebenʹ werden“. Es gäbe keine „adäquate Schadensabwicklung des größten Betriebes in der Steiermark“. Sie entspräche eher der „eines Krämerladens“.
Im Gespräch mit AERZTE Steiermark nennt die PatientInnen-Ombudsfrau auch den Grund, den sie hinter dem Problem vermutet: Weil die KAGes für Schadensfälle keine Haftpflichtversicherung besitzt, würde sie auch um kleine Beträge heftig streiten und Verfahren in die Länge ziehen.
Allerdings, meint Skledar, sollte die Steirische Krankenanstaltengesellschaft anerkennen, „dass sie nicht nur dem Steuerzahler, sondern auch der Patientensicherheit verpflichtet“ sei.
AERZTE Steiermark 04/2019
Foto: PPO/Sommer, Schiffer