Ein Großer der Ärzteschaft ist tot
Trauer um MR Dr. Jörg Pruckner, 1951–2019
Jörg Pruckner war Arzt. Arzt für Allgemeinmedizin, Hausarzt, Distriktarzt und bis zu seinem 65. Lebensjahr auch Hausapotheker. Dazu fungierte er als ärztlicher Begleiter verschiedener Organisationen. Wie tief er in seiner Heimatgemeinde Lannach, im Bezirk Deutschlandsberg, verankert war, lässt sich auch daraus ermessen, dass er dort Initiator und Mitorganisator des „ Jedermann-Balls“ war, eines kommunalen Großereignisses, das Jahr für Jahr größere Beträge für karitative Zwecke erwirtschaftete.
Diese Verbundenheit mit der Region war kein Gegensatz zu seinem umfassenden gesundheitspolitischen Engagement auf steirischer, österreichischer und europäischer Ebene. Diese Verbundenheit und seine Leidenschaft für das Arztsein waren wohl seine Triebfedern.
Nur wenige Monate nach Abschluss seiner Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin (damals noch landläufig praktischer Arzt genannt) eröffnete Pruckner im November 1984 seine Praxis in Lannach in Räumen, die schon sein Vater benutzt hatte, und führte sie 35 Jahre lang.
1993 begann Jörg Pruckner seine Tätigkeit in der steirischen Ärztekammer. Er engagierte sich im Sektionsausschuss für Allgemeinmedizin, im Referat für Hausapotheken und Medikamente, im Referat für Impfwesen, im Steuerungsausschuss Arzneidialog, im Reihungsschema-Ausschuss, im PR-Referat, im Harmonisierungsausschuss, in der Ausbildungskommission, im Institutsausschuss, im §2-Kassen-Verhandlungsteam, in diversen Arbeitsgruppen, im Präsidium, im Vorstand und in der Vollversammlung der Ärztekammer Steiermark.
Von 1999 bis 2007 war Jörg Pruckner Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in der Steiermark und in der Österreichischen Ärztekammer. Auch dort engagierte er sich in verschiedensten Referaten – Landmedizin und Hausapotheken, Impfangelegenheiten, Substitutionsangelegenheiten, Sozial- und Vorsorgemedizin. Gleichzeitig vertrat er die österreichische Ärzteschaft in internationalen Organisationen, der Europäischen Arbeitsgemeinschaft der niedergelassenen Ärzte EANA und der Vereinigung der europäischen Ärzte für Allgemeinmedizin UEMO.
In allen seinen Tätigkeiten und Funktionen war Pruckner zutiefst ärztlich, ideenreich und lösungsorientiert. Das machte ihn auch zum geschätzten Ansprechpartner für die nationale und internationale Gesundheitspolitik.
1996 erreichte Pruckner die Gründung der Wissenschaftlichen Akademie für Vorsorgemedizin , deren Obmann er bis 2018 blieb, danach wurde er ihr Ehrenpräsident. In dieser Funktion gestaltete er die Umsetzung des Gratisimpfprogramms samt Informations- und Erinnerungssystemen entscheidend mit.
Vorkämpfer für Vorsorge und Impfen
„Mit Jörg Pruckner verliert die Steiermark – verliert ganz Österreich – einen Vorkämpfer für die Gesundheitsvorsorge und das Impfen. Wir werden ihm für seine Leistungen rund um den Aufbau der Wissenschaftlichen Akademie für Vorsorgemedizin, und damit einem Impfwesen mit beispielhafter Dokumentation und Information, in der Steiermark in Dankbarkeit verbunden bleiben. Jörg Pruckner war nicht nur als Arzt für Allgemeinmedizin stets um die Gesundheit der Steirerinnen und Steirer bemüht, sondern hat sich auch durch sein Engagement in der Österreichischen und steirischen Ärztekammer in höchstem Maße verdient gemacht. Ich danke Jörg Pruckner für sein Wirken für die Gesundheit in der Steiermark und möchte seiner Familie mein tiefempfundenes Mitgefühl aussprechen.“ So würdigte Gesundheitslandesrat Christopher Drexler den Verstorbenen.
„Jörg Pruckner war ein Arzt, der immer für seine Patientinnen und Patienten da war, und er war ein ebenso umsichtiger wie leidenschaftlicher Ärztevertreter“, sagte der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner, „viele Ärztinnen und Ärzte, darunter auch ich, verlieren einen persönlichen Freund und ein großes Vorbild.“
Die Ärztekammer Steiermark zeichnete Jörg Pruckner 2010 mit dem Goldenen Ehrenzeichen aus, ein Jahr darauf tat es die Österreichische Ärztekammer. „Wir verlieren einen langjährigen verdienten Funktionär, der für die Anliegen der Ärzteschaft stets unermüdlich gekämpft hat“, würdigte Johannes Steinhart , ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, den Verstorbenen. „Wir werden sein visionäres Vorkämpfertum, nicht zuletzt in Fragen der Vorsorge und beim Impfschutz, schmerzlich vermissen“, brachte Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, zum Ausdruck: „Unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit bei seiner Familie.“
„Jörg Pruckner war der Initiator der Wissenschaftlichen Akademie für Vorsorgemedizin – er stand fürs Mutter-Kind-Infoservice, fürs Impfscheckheft, für die Impfdatenbank und für die I.K.A., die sich um die Patientinnen und Patienten im Substitutionsprogramm annimmt. Er war über viele Jahre treibende Kraft der Akademie. Wir verlieren mit ihm einen Vordenker, einen erfahrenen Verhandler und einen lieben Freund, der die WAVM über zwei Jahrzehnte geprägt hat“, würdigt Michael Adomeit seinen Vorgänger als Obmann.
Sportliche Spitze
Privat war Jörg Pruckner in seiner Jugend (nahezu) ein Spitzensportler. Für die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Seoul 1988 war er als Segler bereits qualifiziert, verzichtete aber zugunsten seiner ärztlichen Ausbildung auf die sportliche Herausforderung.
Auch in einer zweiten Sportart erreichte Jörg Pruckner zumindest österreichisches Spitzenniveau: Als Rallyefahrer maß Pruckner sich mit heute noch bekannten Größen auf Augenhöhe. Seine Liebe zum Segeln und zu Autos verließ ihn zwar zeitlebens nicht, aber das ärztliche Tun und das gesundheitspolitische Engagement waren ihm stets wichtiger.
AERZTE Steiermark 12/2019
Fotos: Schiffer, Wolf, Zeitler, Conclusio