„Digitaler Dammbruch“
Die Möglichkeiten und Grenzen der Telemedizin – ärztliche Erfahrungen aus der Coronakrise.
Martin Novak
„Telemedizinische Krankenbehandlungen (Skype, Videokonferenz, Telefon) können (soweit notwendig) wie in der Ordination erbrachte Leistungen abgerechnet werden“, vermeldete die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) im März. Fast 80 Prozent der Ärztinnen und Ärzte wollen laut AERZTE Steiermark-Frage des Monats, dass das auch nach dem Abflauen der Corona-Krise so bleibt. Von Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern mit Kassenvertrag bis zu Wahl-Fachärztinnen und -ärzten reicht der Kreis der Anbieterinnen und Anbieter.
Nachdem die „Telemedizin“ lange nur wenige wirklich interessiert hat, ist es nun wegen der Coronakrise zum „digitalen Dammbruch“ gekommen, wie es Alexander Moussa, IT-Referent in der Ärztekammer Steiermark und Obmann der Sektion Allgemeinmedizin, formuliert.
Große Zustimmung
Fast 80 Prozent der Ärztinnen und Ärzte (siehe Frage des Monats) wollen, dass die Telemedizin auch nach dem Abflauen der Coronakrise erhalten bleibt. Aber geht das überhaupt? Telemedizinische Krankenbehandlungen auf Kassenkosten in der „Regelfinanzierung“ gab es vor COVID-19 nämlich praktisch kaum – nur Projekte (sieht man von diversen E-Dienstleistungen im Umfeld von ELGA ab).
Das Ärztegesetz behindert die Telemedizin jedoch nicht. Dieser Meinung ist zumindest Gerhard Aigner, langjähriger Leiter der Sektion Recht und Gesundheitlicher Verbraucherschutz im Sozialministerium. „Das Ärztegesetz kennt kein Verbot der Telemedizin“, so Aigner beim Forum Alpbach 2018. Diese Rechtsansicht begründet er unter anderem damit, dass auch LabormedizinerInnen oder PathologInnen die PatientInnen in der Regel nicht zu Gesicht bekämen. Allerdings gelte für die Telemedizin derselbe Sorgfaltsmaßstab wie für jeden persönlichen Kontakt vor Ort. Die Telemedizin dürfe nicht zum „Wildwuchs“ führen, die „hohe Qualität“ der medizinischen Versorgung müsse erhalten werden, verlangt auch Moussa und fordert „Rechtssicherheit für die Ärztinnen und Ärzte“.
Keine Fließbandmedizin
Ähnlich sehen es auch der Präsident der Ärztekammer Steiermark, Herwig Lindner, und der Obmann der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Vizepräsident Norbert Meindl: „Die Corona-Krise hat zu einem deutlichen Anstieg der Telemedizin geführt. Das wird von der großen Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte begrüßt.“
Das neue Interesse an der Telemedizin hat aber auch Geschäftemacher auf den Plan gerufen, die jetzt schnelles Geld verdienen wollen. „Wir brauchen eine seriöse Telemedizin, sie darf nicht zur Ausrede für patientenferne Fließbandmedizin werden“, warnten sie in einer Presseaussendung Anfang April. Daher dürfe die Nähe zwischen Ärztin und Arzt auf der einen und Patientin und Patient auf der anderen Seite „niemals aufgegeben werden“. Es gehe in einer gesamtheitlichen Versorgung auch darum, die Lebensumstände einer Patientin, eines Patienten zu kennen. „Gute Medizin ist immer individuell“, sagt Ärztekammerpräsident Lindner. Reine Telemedizin ohne persönliche und kontinuierliche Beziehung sei lediglich eine Notlösung.
Analyse nötig
Dietmar Bayer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Telemedizin, niedergelassener Kassen-Psychiater in Leibnitz und Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark, wies in einem Interview darauf hin, dass es wegen der Corona-Krise möglich gewesen sei, die Telemedizin „on the fly“, also im Echtbetrieb, zu erproben. Nach der Krise sei eine eingehende Analyse notwendig, um in jene „neue Normalität“ zu gelangen, die mittlerweile zum geflügelten Wort geworden ist.
Begrenzte Ressourcen
Das beginnt mit der Technik: Am Anfang der Krise zeigten sich im ärztlichen Bereich die Limitierungen der vorhandenen Breitbandtechnik. Manches Videogespräch verlief „abgehackt“ (Bayer), Informationen gingen verloren. Schnelle Internetverbindungen über 100- bis 300-Megabitleitungen sind aber in Arztpraxen notwendig, um etwa bewegte Bilder ohne wesentliche Qualitätseinbußen mitsenden zu können. Linderung habe, so Bayer, in der Krise die technische Lösung in Form des Bereitstellens von Bandbreite für kritische Infrastruktur gebracht. Probleme gab es übrigens nicht nur in Arztpraxen, auch per Videokonferenz abgehaltene Krisenstabsitzungen waren zuweilen ein Kampf gegen die unzureichende Technik.
Fazit: Für eine halbwegs friktionsfreie Telemedizin reichen die vorhandenen Breitbandressourcen nicht aus. Da helfen auch gute Endgeräte in den Praxen wenig: Auf engen, kurvenreichen Bergstraßen und überlasteten Autobahnen kommen auch PS-starke Fahrzeuge nur sehr langsam voran.
Telemedizin in der Praxis
Jetzt, in der Krise, haben viele Ärztinnen und Ärzte teils erhebliche Frequenzeinbrüche, aber durch telemedizinische Angebote mit hohem Engagement zumindest ein wenig abgefedert. Und damit ist auch eine Grundsicherung der Versorgung gewährleistet.
Der Wahlinternist Ilias Christidis schildert seine telemedizinischen Angebote: Eine ausführliche Anamnese erfolgt mit Hilfe eines an die Patientin oder den Patienten übermittelten Fragebogens. Der kommt ausgefüllt samt der Vorbefunde retour. Auch Überweisungen – etwa an ein Labor oder zum Röntgen – gehen dann online vor sich. Das gilt ebenfalls für das therapeutische Gespräch, Behandlungsempfehlungen, Rezeptverordnungen und die Befundbesprechung (wobei der Bildschirm mit Patientin oder Patient geteilt wird). Auch telemedizinische Akupressur oder telemedizinische Hypnoakupressur gibt es. Dafür legen Patientinnen und Patienten unter ärztlicher Anleitung selbst die pressierende Hand an. Auch der ehemalige Kassenallgemeinmediziner Faissal Keilani bietet zusätzlich zu einer breiten Palette anderer Leistungen die „telemedizinische Demonstration von Selbstakupressur“ an.
Die Neurologin Brigitte Meister, ebenfalls Wahlärztin, konzentriert sich telemedizinisch auf „neurologische Kontrollen und Therapievorschläge, Erstgespräche und Beratung über das weitere Procedere“.
Der Wahl-Radiologe Georg Riegler sieht „im Wesentlichen zwei Schwerpunkte“: erstens die Beratung über das weitere medizinische Vorgehen und zweitens Befundbesprechungen, auch zur Einholung einer Zweitmeinung.
Ähnlich sieht es der Allgemeinchirurg Gerhard Seitinger: Anamnese, die elektronische Befundübermittlung (natürlich unter Einhaltung des Datenschutzes), die gemeinsame Therapieplanung, gegebenenfalls die OP-Aufklärung, Wundkontrollen und Nachbesprechungen lassen sich aus seiner Perspektive gut telemedizinisch abwickeln.
Aber selbst eine Ärztin wie Ursula Amann, die als Inhaberin eines Psy-3-Diploms ärztliche Psychotherapie anbietet und damit in einem Bereich tätig ist, der für die Telemedizin prädestiniert erscheint, weist auf die Grenzen hin: „Es fehlt in der Telemedizin der bei der psychotherapeutischen Behandlung so wichtige Blick auf den Patienten in seiner Gesamtheit, also Körperhaltungen, die Art, wie sich jemand bewegt … Gesichtsausdruck, Mimik und Gestik sind einfach sehr wichtig beim ganzheitlichen Explorieren und Behandeln psychisch erkrankter Menschen.“
Weniger dramatisch empfindet es ihre Kollegin Eva Brunegger: „Die einzigen Limitierungen in meinem Bereich sehe ich darin, dass manche speziellen ‚tiefergehenden‘ Interventionen über Skype nicht möglich sind, was den Fortschritt einer Therapie allerdings nicht beeinträchtigen muss, da es ja genügend andere therapeutische Interventionsmöglichkeiten gibt.“
Der Ramsauer Kassenallgemeinmediziner Oliver Lammel (siehe seinen Erfahrungsbericht im Heft) sieht es sehr nüchtern: „Beratungsgespräch: ok, Limitierung: überall, wo man Diagnostik braucht.“
Virtuelle „Hausärzte“
Währenddessen haben private Anbieter das „Telemedizin“-Geschäft für sich entdeckt. Oft mit großen privaten Versicherern im Hintergrund werben sie mit hausärztlicher Telemedizin. Die Sache hat nur einen Schönheitsfehler: Diese virtuellen „Hausärzte“ sind ausschließlich online erreichbar und kennen die Anfragenden naturgemäß überhaupt nicht, sind also alles andere als echte Hausärztinnen und Hausärzte. „Würden die sogenannten Versicherungs-Hausärzte je einen Hausbesuch machen?“, fragt Alexander Moussa und gibt die Antwort gleich selbst: „Wohl kaum.“
Datenschutz ernst nehmen
E-Mail, Telefon, alle möglichen Chat- und Videoprogramme … am Höhepunkt der Corona-Krise wurden Datenschutz und Datensicherheit zweitrangig. Für eine langfristig angelegte „Telemedizin-Strategie“ kann das natürlich nicht so bleiben. Alexander Moussa, der nicht nur Allgemeinmedizin-Sektionsobmann, sondern auch IT-Referent in der Ärztekammer Steiermark ist, hat eine einfache Empfehlung: sich nur jener Ärztesoftware-Anbieter bedienen, die als „seriös“ gelten.
Eine offizielle Liste gibt es zwar aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht, es ist aber jedenfalls sinnvoll, Kolleginnen und Kollegen nach ihren Erfahrungen zu befragen. Eine sichere End-to-End-Verschlüsselung sowie die Garantie, dass Daten nur über Server in Österreich oder einem anderen EU-Land gehen, sollten jedenfalls Mindestanforderungen sein.
Gemischte Erfahrungen
Wenn es um telemedizinische Anwendungen geht, wird zumeist nur über die IT-Affinität der Ärztinnen und Ärzte spekuliert. Aus Sicht der Telemedizin ist aber die Bereitschaft und Fähigkeit der Patientinnen und Patienten zumindest genauso wichtig. Und während Ärztinnen und Ärzte es grundsätzlich gewohnt sind, IT-Technik zu nutzen, ist das bei vielen Patientinnen und Patienten nicht so: Fast 1,7 Millionen Menschen (Statistik Austria 2018) oder knapp 20 Prozent in Österreich sind 65 Jahre oder älter. Die Steiermark liegt mit rund einer Viertelmillion 65+-Jährigen und einem Anteil von etwas über 20 Prozent im oberen Mittelfeld.
Und gerade bei diesen Älteren ist die IT-Affinität am geringsten, andererseits haben sie den höchsten Bedarf an ärztlicher und medizinischer Betreuung.
Die ärztlichen Erfahrungen mit der IT-Bereitschaft der Patientinnen und Patienten sind daher auch gemischt: Allgemeinmediziner Lammel hat zwar gute Erfahrungen, schränkt aber ein: „Ältere Patienten bevorzugen das Gespräch via Telefon.“
Auch Psychiaterin Constanze Dennig hat bemerkt, dass ältere Patienten „mangels Kenntnis“ nur Telefon in Anspruch nehmen, „jüngere auch Videokonferenzen, aber nur selten“.
„Nach anfänglichem Zögern seitens der Patienten wird es nun sehr gut angenommen, hauptsächlich Videotelefonie über Skype, auch Telefon und E-Mails“, ist die Erfahrung von Brunegger.
Seitinger sagt, dass „vor allem jüngere Patientinnen und Patienten bis 50 Jahre, die ohnehin bereits bisher Ordinationstermine online über die Website gebucht haben“, die zusätzliche Möglichkeit nutzen.
„Gut“ seien die Erfahrungen, meint Birgit Meister. Aber auch sie sagt, dass ältere Patienten das Gespräch via Telefon „bevorzugen“.
„Mäßig bis gut“ ist die Resonanz der Patientinnen und Patienten aus der Sicht von Faissal Keilani.
Viele Facetten der Telemedizin
Was in der Corona-Krise weitgehend ausgeblendet blieb: Telemedizin ist natürlich nicht nur das Gespräch mit Patientinnen und Patienten. Monitoring oder die Diagnose auf Basis übermittelter Bilder (siehe Kasten Teledermatologie) gehören natürlich ebenfalls dazu. Hier liegen vielleicht sogar deren besondere Stärken. Und hier startete ja bereits vor der Corona-Krise eine ganze Reihe von Projekten.
Nicht schneller
Beschleunigt die Telemedizin die Medizin? Zumindest für die „sprechende Medizin“ dürfte das nicht gelten. Am Telefon und im Video-Chat öffnen sich nach mehreren Berichten Patientinnen und Patienten langsamer. Dadurch dauern die Gespräche länger, als sie in der Ordination dauern würden. Nonverbale Kommunikationsebenen stehen am Telefon und im Videogespräch nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Außerdem, so berichtet Moussa, würden Patientinnen und Patienten oft mehrmals pro Woche den Kontakt zu Ärztin oder Arzt suchen – weil es so einfach möglich ist. Auch das führt zu einem höheren Zeitaufwand.
Telemedizin pur geht nicht
Was wäre, wenn es in einer Krise keine flächendeckende Versorgungsstruktur gäbe? Für die Patientinnen und Patienten wäre zwar das Infektionsrisiko geringer, aber das ist schon der einzige Vorteil. Keine vertraute Ärztin, kein bekannter Arzt in der näheren Umgebung bedeutet für die Menschen mehr Anonymität, das Risiko schnell abgefertigt zu werden … weniger persönliche ärztliche Zuwendung.
„Die Versorgungslandschaft darf nicht erodieren“, sagt daher auch Alexander Moussa. Dies sei auch zu berücksichtigen, wenn die telemedizinische Zukunft gestaltet werde. Mit anderen Worten: Es braucht wirtschaftliche Modelle, die patientennahe Medizin erhalten und die telemedizinische Erweiterung ermöglichen. Telemedizin pur geht nicht.
Oder wie es Amann sagt: „Ich werde Telemedizin als Option beibehalten, aber doch verstärkt meine Patienten wieder in meiner Praxis betreuen.“
Telemedizin: Das weltweite Interesse hat sich mehr als verfünffacht
Der US-amerikanische Technik-Anbieter Atlas VPN hat die Entwicklung des weltweiten Interesses an Telemedizin in den ersten Monaten des Jahres 2020 auf sehr einfache Art erhoben: indem mit Hilfe von „Google Trends“ die Beliebtheit des Suchbegriffs „Telemedicine/Telemedizin“ erfasst wurde. Im Jänner lag diese Beliebtheit auf einer 100-teiligen Skala beim Wert 15. Bis März stieg die Zahl auf 97 – das war eine Steigerung um 546 Prozent. Damit war der Gipfel aber noch nicht erreicht: Im April wurde der Maximalwert von 100 erreicht.
Die Beobachtung findet seit 2004 statt. Damals lag der Wert bei 40, um in den folgenden Jahren deutlich zu sinken. Der Tiefpunkt im Beobachtungszeitraum wurde 2013 mit dem Wert 9 erreicht. Ab dann kam es wieder zu einer Steigerung auf niedrigem Niveau, um dann wegen der Corona-Krise rasant in die Höhe zu schnellen. Fachleute rechnen damit, dass das Interesse an Telemedizin auf hohem Level bleibt, auch wenn sich, wie es der kalifornische Analytiker Alex Turteltaub formuliert, Patientinnen und Patienten beim persönlichen Arztkontakt besser fühlen. Dafür sei Telemedizin eine Lösung für unterversorgte Regionen, so Turteltaub. Am stärksten ist das Interesse laut Untersuchung übrigens in Äthiopien, am geringsten trotz COVID-19 in China, Italien, Frankreich und Spanien. Zahlen für Österreich gibt es nicht.
Hinter der Telemedizin steckt auch ein gewaltiger Markt: Bis 2027 soll er laut Yahoo-Finance-Vorhersage von derzeit rund 19 auf mehr als 82 Milliarden US-Dollar steigen.
Aufschwung für die Teledermatologie
Ein Bereich, der sich schon vor der Corona-Krise für „Tele“ anbot, ist die Dermatologie. Bekannt ist das Teledermatologie-Projekt im steirischen Bezirk Liezen (wir berichteten), bei dem Hausärztinnen und Hausärzte mit professioneller Ausrüstung fotografierte Hautveränderungen zur Diagnose an Fachärztinnen und Fachärzte übermitteln. Dieses von der Ärztekammer Steiermark koordinierte und vom Gesundheitsfonds Steiermark und der ÖGK (zuvor noch der GKK) finanzierte Projekt fand auch beim letzten deutschen Telemedizinkongress große Beachtung.
In der Corona-Krise haben auch Hautärztinnen und Hautärzte sich der Infrastruktur dieses Konzepts bedient, um ihre Patientinnen und Patienten telemedizinisch zu betreuen. Eine davon ist die Dermatologin Christina Ambros-Rudolph. Die Akzeptanz sei „sehr gut“, meint sie: „Der Patient registriert sich einmalig und loggt sich dann über meine Homepage ein. Das kann vom Handy, Tablet oder PC aus erfolgen. Man kann auf einer sicheren Website – DSGVO-konform – bis zu 4 Fotos hochladen und eine Anfrage stellen. Bezüglich Rückfragen meinerseits besteht auch eine einmalige Chat-Funktion. Werktags bekommt der Patient dann innerhalb von 24 Stunden seinen Therapievorschlag geliefert.“ Das System funktioniere „einwandfrei“, die Betreuung durch den Anbieter Edermconsult sei „tadellos“.
Insbesondere in Corona-Zeiten werde das System von mehreren Hautärzten österreichweit genutzt – und auch permanent angepasst und erweitert: „Beispielsweise wurde neben der ursprünglichen ‚Wahlarzt‘-Version mit Honorarnote auch eine ‚Kassenarzt‘-Version gestaltet, bei der die Verrechnung über die O-Card erfolgt.“ Ambros-Rudolph nutze das System ausschließlich als Service für ihre bestehenden Patienten. Das erleichtere viel. Limitationen gäbe es natürlich bei der Beurteilung von Muttermalen, „da ein Foto keine auflichtmikroskopische Untersuchung ersetzt“. Gelegentlich könne zum Beispiel eine bakteriologische Abstrichuntersuchung oder ein Pilzbefund erforderlich sein. Meist könne man aber bereits virtuell eine Vorempfehlung abgeben, der Rest werde in der Ordination nachgeholt. „Da die Dermatologie ein ‚optisches Fach‘ ist, kann man aber viele Diagnosen auch telemedizinisch korrekt stellen und eine entsprechende Therapie einleiten“, betont Ambros-Rudolph.
Zufriedenheit mit Teledermatologie
Bereits lange vor der Corona-Krise publizierten Edith Arzberger und Rainer Hofmann-Wellenhof gemeinsam mit Elena Lucia Eber (Universitätsklinik für Dermatologie der Med Uni Graz) und Monika Janda (Queensland University of Technology, Australien) im Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft die Ergebnisse einer 2017 durchgeführten Befragung zur Telemedizin, an der 243 österreichische Fachärztinnen und Fachärzte für Dermatologie teilnahmen. Zusammenfassung: „Die Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der befragten Dermatologen die Teledermatologie als zukünftige sinnvolle Ergänzung der derzeitigen Praxis einstuft. Nach Ansicht der Studienteilnehmer können vor allem im Bereich der Triage Anfahrten zum Krankenhaus und Wartezeiten vermindert werden, was zu einer Reduzierung von Kosten und einer Zeitersparnis der Patienten und Ärzte führt. Eine geregelte Kostenübernahme und rechtliche Regelung würde die Nutzung der Teledermatologie attraktiver machen.“
Im Spectrum der Dermatologie 1/2020 fassten es Arzberger, Hofmann-Wellenhof und Eber so zusammen: „Insgesamt erlangt die Teledermatologie immer größere Bedeutung; eine endgültige Implementierung in die Routineversorgung hat etwa aufgrund von rechtlichen Unsicherheiten und Kostengründen noch nicht stattgefunden. Unsere Studien beweisen aber die gute Eignung der Teledermatologie als Ergänzung zu den bisherigen Behandlungsmöglichkeiten.“
AERZTE Steiermark 05/2020
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