Gesamtheitliches „Hochfahren“
Spitalsärztesprecher und Ärztekammer-Vizepräsident Eiko Meister verlangt Rückkehr zur Normalität, um Patientinnen und Patienten besser versorgen zu können.
Die Corona-Krise hat einen gewaltigen Rückstau bei anderen Behandlungen und geplanten Operationen verursacht. Der soll jetzt aufgeholt werden. Dafür müssten aber die Arbeitsbedingungen für die SpitalsärztInnen unter Berücksichtigung entsprechender Sicherheitsstandards wieder „normalisiert“ werden, verlangt der Sprecher der steirischen Spitalsärztinnen und Spitalsärzte, Ärztekammer-Vizepräsident Eiko Meister.
KA-AZG-Lockerung wurde akzeptiert
Außertourlicher Schichtdienst in Krankenhäusern mit vielen COVID-19-Patientinnen und -Patienten, kaum Arbeit und Dienstfreistellungen an anderen Spitälern, dazu die teilweise Aufhebung der Arbeitszeitregelungen durch die Corona-Gesetzgebung, so ist die Lage derzeit in der Steiermark. „Das waren durchaus verständliche Maßnahmen, die angesichts der Corona-Krise von den Ärztinnen und Ärzten natürlich ohne Widerspruch akzeptiert wurden“, versichert Spitalsärzteobmann und Ärztekammer-Vizepräsident Eiko Meister.
Aber, so Meister weiter, „wenn wir wieder mehr Normalität für die Patientinnen und Patienten wollen, brauchen wir auch einen klaren Fahrplan zur Beendigung des Ausnahmezustandes für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Denn unter den Corona-Arbeitsbedingungen könnten geplante Behandlungen und Operationen, „die Patientinnen und Patienten natürlich brauchen“, nicht im erforderlichen Ausmaß geleistet werden, „ein Aufholen des Rückstaus“ sei schlicht unmöglich.
„Ausnahmezustand“ beenden: Steiermark kann Vorbild in Österreich sein
Deshalb verlangt Meister, dass „die Spitalsträger, allen voran die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft KAGes, einen Plan zur Beendigung dieses Ausnahmezustandes vorschlagen“. Die Steiermark könne hier „bahnbrechend für Österreich sein, wie sie es bereits bei der Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes vor fünf Jahren war“, sagte der Spitalsärztesprecher.
Nebenbeschäftigungsverbot im Einklang aufheben
Ein zweites sensibles Thema ist das bis 31. Mai für KAGes-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter verhängte Nebenbeschäftigungsverbot. Es trifft Ärztinnen und Ärzte, die ihre Ordinationen nicht öffnen können, aber es trifft genauso viele nichtärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie teilweise auch Hebammen.
Auch der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner hat sich dafür ausgesprochen, das Nebenbeschäftigungsverbot im Einklang mit dem „Hochfahren“ der Landeskrankenhäuser und nicht erst zeitverzögert durchzuführen.
Vereinzelte Genehmigungen
Vereinzelt würden zwar Ausnahmen in Form von Einzelgenehmigungen gemacht, allerdings seien die Überlegungen, die zu diesen Ausnahmen führen, nicht immer nachvollziehbar, kritisierte Lindner: „Ich wünsche mir allgemein gültige Regeln im Interesse der Patientinnen und Patienten. Natürlich sind Schutzmaßnahmen nötig – das Tragen von Masken, das Einhalten der Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen …“ Für den Fall, dass es zu einer weiteren Epidemie-Welle komme, seien selbstverständlich entsprechende Vorkehrungen zu treffen – ein Stopp der Lockerungen, auch eine Rücknahme wären in diesem Fall verständlich.
Der steirische Ärztekammerpräsident wies darauf hin, „dass die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft das Nebenbeschäftigungsverbot offenbar weit stringenter handhabt als andere Spitalsträger.“ Dies sei aus Unternehmensperspektive zwar nachvollziehbar, nicht aber aus Sicht der Patientinnen und Patienten, die sich um ihre Versorgung Sorgen machen, aber auch nicht aus Sicht der KAGes-Ärztinnen und -Ärzte, die diese Versorgung gewährleisten wollen.
Als Beispiel nannte Lindner Schwangere, die laufend Untersuchungen und Betreuung brauchen. Aber natürlich beträfen die Probleme alle Patientinnen und Patienten, deren in verschiedensten Bereichen geplanten Behandlungen zurückgestellt oder Kontrolluntersuchungen verschoben worden wären. Ohne konzertiertes, über die KAGes hinausreichendes „Hochfahr“-Paket sei auch zu befürchten, dass viele Menschen überflüssigerweise KAGes-Ambulanzen aufsuchen würden. Lindner: „Die Gesundheitsversorgung besteht nicht nur aus den Angeboten in den Landeskrankenhäusern, sondern aus vielen Bereichen, die ineinander verzahnt sind. Deshalb muss die Vorgangsweise auch gemeinsam entwickelt werden und abgestimmt stattfinden.“
AERZTE Steiermark 05/2020
Fotos: Elke Meister, Adobe Stock, Schiffer