6. November 2024
 

Blaulicht: Patientinnen und Patienten brauchen es, aber Ärztinnen und Ärzte bekommen es kaum

Das Thema „Blaulicht-Genehmigung“ und gemeindeärztliche Tätigkeiten für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte standen am Mittwoch im Mittelpunkt eines Pressegesprächs der Ärztekammer Steiermark. Die Ärztinnen und Ärzte bekommen die Genehmigung auch dann nicht, wenn sie sämtliche gesetzliche Erfordernisse erfüllen. Dies sei „patientengefährdende Willkür“ kritisierten der Obmann der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Ärztekammer-Vizepräsident Dietmar Bayer und der Obmann der Sektion Allgemeinmedizin und kassenärztliche Referent, Alexander Moussa.

Für die Blaulicht-Genehmigung gibt es eine gesetzliche Grundlage mit diversen Anforderungen, die von den Ärztinnen und Ärzten erfüllt werden müssen. Die zuständigen Institutionen des Landes Steiermark verweigern jedoch eine Genehmigung auch in jenen Fällen, in denen die Ärztinnen und Ärzte alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und dies von der Ärztekammer für Steiermark geprüft und bestätigt wurde.

Kurienobmann Bayer erklärte „Das Blaulicht dient nicht nur dazu, den Einsatzort abzusichern, sondern auch die Fahrt dorthin zu erleichtern, denn nur so können Ärztinnen und Ärzte schneller und sicherer zur Patientin/zum Patienten gelangen, was in Notfallsituationen von größter Bedeutung ist. Das ist ein wichtiger Schutz für die Patientinnen und Patienten und für die medizinischen Fachkräfte, die oft in kritischen Momenten Leben retten.“ Es gehe um die Sicherheit der Versorgung vor Ort und um die Absicherung der Unfallstelle.

Sektionsobmann Moussa betont „Die Hausärztinnen und Hausärzte werden bei einem Notfall oft als erstes alarmiert und können, mit einer entsprechenden Blaulicht-Genehmigung, auch schneller am Einsatzort sein als der organisierte Rettungsdienst. So kann die ärztliche Erstversorgung auch in allen Regionen der Steiermark bestmöglich sichergestellt werden.“

Noch ein weiteres Thema brennt den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten unter den Nägeln. Die Tarife für gemeindeärztliche Leistungen, wie zB Totenbeschau oder schulärztliche Untersuchungen, die seit 2014 nicht adäquat angepasst wurden. Diese Erhöhungen seien „angesichts der explodierenden Kostenentwicklung, die natürlich auch die Ärztinnen und Ärzte voll trifft, mehr als gerechtfertigt“, so Bayer und Moussa. Auch eine im Jahr 2019 zugesagte minimale Erhöhung wurde bislang nicht umgesetzt.

Schuluntersuchungen sind ein wesentlicher Bestandteil der frühzeitigen Erkennung von gesundheitlichen Problemen bei Kindern und Jugendlichen. Und es ist elementare Aufgabe der öffentlichen Hand, dass diese gut und qualitätsvoll durchgeführt werden. Wirtschaftlich betrachtet, sind Schuluntersuchungen eine Investition in die Zukunft. Die sehr geringen Kosten, die für präventive Maßnahmen aufgewendet werden, stehen in einem positiven Verhältnis zu den Einsparungen, die durch die Vermeidung von schwerwiegenden Erkrankungen entstehen.

Auch die Totenbeschau ist eine ärztliche Tätigkeit, die häufig im Schatten anderer medizinischer Dienstleistungen steht. Dennoch spielt sie eine zentrale Rolle im Rechts- und Gesundheitssystem. Hier müssen die Rahmenbedingungen für eine effektive Durchführung verbessert werden. Die Wertschätzung und eine angemessene Vergütung für diese wichtige Aufgabe sind entscheidend, um die Qualität der Gesundheitsversorgung zu sichern.

Die Vertretung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in der Steiermark hat aus diesem Grund vor kurzem steiermarkweite einheitliche Empfehlungstarife beschlossen, damit auch zukünftig die Erbringung der gemeindeärztlichen Tätigkeiten auf einer  ökonomisch vertretbaren Basis erfolgen kann.

Ebenso bedarf es dringend einer Valorisierung bzw. eines steiermarkweit einheitlichen Organisations- und Vergütungssystems bei Untersuchungen nach § 8 UbG (Unterbringungs-Untersuchung Parere), Alkohol- und Drogenuntersuchungen nach § 5 StVO und Haftfähigkeits- bzw. Hafttauglichkeitsuntersuchungen. Auch müssen die Honorare für Visiten- und Ordinationsdienste im steirischen Bereitschaftsdienstsystem (1450) dringend den wirtschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen angepasst werden.

Darüber hinaus wurden die Honorarverhandlungen für 2025 mit der Österreichischen Gesundheitskasse gestartet. Ziel ist ein moderner einheitlicher medizinischer Leistungskatalog ohne Limitierungen und Degressionen, denn nur so können Spitalsleistungen in den niedergelassenen Bereich verlagert werden und damit auch Wartezeiten reduziert werden. Generell muss die Finanzierung des Gesundheitssystems neu gedacht werden. Mit den vorhandenen Mitteln wird künftig die Menge und die Frequenzentwicklung in Bezug auf den demographischen Wandel nicht mehr finanzierbar sein. Kassenverträge müssen wieder attraktiv werden! Die konkreten Forderungen dazu finden Sie in unserem Letter of Intent unter www.fairhandlung.at.

 

Fotocredit: Schiffer / Ärztekammer Steiermark