AERZTE Steiermark 04/2025
Vizepräsident Bayer: Druck der ÖGK auf Ärzt:innen ist untragbar
Scharfe Kritik an den jüngsten Vorschlägen der ÖGK äußert Niedergelassenen-Kurienobmann und Vizepräsident Dietmar Bayer: „Die Ärzt:innen mit einem Solidarbeitrag zur Rettung der ÖGK-Finanzen zu belegen, ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten.“ Er verwehrt sich ebenso massiv gegen Unterstellungen, dass die Ärzt:innen nicht wirklich notwendige Labordiagnostik oder MRT- und CT-Untersuchungen anordnen würden.
„Ärztehonorare als bloße Kosten zu betrachten zeigt, dass die ÖGK die essenzielle Rolle der Ärzteschaft als Investition in die Gesundheitsversorgung nicht verstanden hat“, sieht Dietmar Bayer, Obmann der Kurie
Niedergelassene Ärzte, die Diskussion derzeit in eine völlig falsche Richtung laufen. Insbesondere die Forderung nach einem Solidarbeitrag der Ärzteschaft mache die Kurie sprachlos.
Schon zuletzt stieß das Rundschreiben der ÖGK an alle Vertragsärzt:innen, Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten betreffend Laborzuweisungen auf großes Befremden, moniert Bayer: „Die Kasse muss sparen und setzt die Vertragspartner:innen unter Druck.“ Hier werde unter-stellt, dass die Ärzt:innen nicht erforderliche oder klinisch nicht gerechtfertigte Labordiagnostik anordnen würden. Alexander Moussa, Kassenärztlicher Referent der Ärztekammer Steiermark, ergänzt: „Wir erachten dieses einseitige Schreiben als kontraproduktiv. Das Frequenzrisiko liegt bei den Krankenversicherungträgern und kann nicht den Vertragsärzt:innen übertragen werden.“
„Weisen Unterstellung zurück“
„Damit erreicht die ÖGK keine Stärkung der Kassenmedizin, vielmehr motiviert sie damit Kolleginnen und Kollegen, ihren Einzelvertrag zurückzulegen“, konstatiert Bayer. Hingegen sollte man besser gemeinsam an zukunftsfähigen Lösungen arbeiten: „Einseitige Maßnahmen der ÖGK sind nicht zielführend. Wir verwehren uns gegen die von der ÖGK pauschal in den Raum gestellten Unterstellungen sowie die Androhung von Kontrollen und Konsequenzen. Leider fehlt die vertragspartnerschaftliche Einbindung durch die ÖGK. Das Schreiben der ÖGK ist von Misstrauen und fehlender Wertschätzung geprägt. Mit aller Entschiedenheit haben wir die Unterstellung der ÖGK, dass unsere Kolleginnen und Kollegen unnötige Laborleistungen in die Wege leiten, auf das Schärfste zurückgewiesen“, so der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzt:innen. Dies gilt auch für Zuweisungen für MRT- und CT-Untersuchungen, die mit größter Sorgfalt nach Vorliegen einer medizinischen Indikation durchgeführt werden.
In einem weiteren mit der Ärzte-kammer nicht angestimmten Rundschreiben teilte die ÖGK den Vertragsärzt:innen mit, dass Krankenstände vorwiegend geschlossen übermittelt werden sollen, um so den administrativen Aufwand für die ÖGK zu verringern. Krankenstände ohne Enddatum würden bei der ÖGK stets eine Nachbearbeitung und eventuell Nachfragen erfordern. Im Zuge der Nachbearbeitung und Prüfung könne auch eine Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der ÖGK bei den Patient:innen notwendig werden. Durch die Übermittlung geschlossener Krankenstände würden die Ärzt:innen ihren Patient:innen den Weg zum Medizinischen Dienst der ÖGK ersparen.
Einsparziele für die ÖGK
Statt populistischer kurzfristiger Maßnahmen – wie etwa die Forderung nach einem Solidarbeitrag der Ärzteschaft – fordert Bayer strukturelle Reformen und nennt drei konkrete Einsparziele in der ÖGK, die nachhaltig zur Entlastung des Budgets beitragen können:
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Hanusch-Krankenhaus an Stadt Wien
Das Wiener Hanusch-Krankenhaus, das jährlich einen Abgang von etwa 250 Millionen Euro verursacht, wird von steirischen ÖGK-Versicherten mitfinanziert, obwohl diese keinerlei direkten Nutzen davon haben. „Diese Mittel fehlen in der Steiermark für dringend benötigte Gesundheitsleistungen“, kritisiert Bayer. Das Hanusch-Krankenhaus könnte daher z. B. an die Stadt Wien übertragen werden, da ja hauptsächlich Wiener Versicherte davon profitieren.
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Schließung defizitärer ÖGK-Ambulatorien
Die Ambulatorien der ÖGK arbeiten generell mit hohen Verlusten und belasten das Budget erheblich. Kurienobmann Dietmar Bayer fordert eine kritische Überprüfung dieser Einrichtungen und deren Schließung, sofern sie nicht effizient, selbstkostendeckend und nachhaltig ohne Subventionierungen betrieben werden können. Auch dabei sind enorme Effizienzpotenziale vorhanden.
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Reha-Einrichtungen an die PVA
Die Rehabilitationszentren der ÖGK sollten an die PVA übergeben werden, um Synergien zu nutzen und Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, nennt der Kurienobmann ein weiteres Einsparungspotenzial für die Gesundheitskasse. „Die PVA hat die Expertise und Struktur, um diese Einrichtungen effizienter zu führen“, bringt er es auf den Punkt.
Paradigmenwechsel gefordert
Bayer appelliert an die Verantwortlichen: „Wir müssen weg von kurzfristigen Sparmaßnahmen auf Kosten derer, die das Gesundheitssystem stärken, und hin zu einer langfris-tigen Strategie für ein nachhaltiges Wirtschaften in der ÖGK.“ Die Ärztekammer sei bereit, konstruktiv mitzuwirken und Lösungen zu erarbeiten, die sowohl den Versicherten als auch den Leistungsträgern gerecht werden. Unabhängig davon konstatiert Bayer den derzeitigen ÖGK-Managern mangelnde Lösungskompetenz und fordert einen staatlichen Kommissär zur Sanierung der ÖGK. „Privatunternehmen bekommen im Falle einer erheblichen Schieflage sogenannte Sanierer zur Seite gestellt.“ Dies müsse in diesem Fall aufgrund des massiven öffentlichen Interesses „gerade auch für die ÖGK gut genug sein“, so Bayer.
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Keine Pflicht der Vertragsärzt:innen
- Die Kurie Niedergelassene Ärzte der Ärztekammer Steiermark weist darauf hin, dass gemäß § 24 des steirischen ÖGK-Gesamtvertrags keine Verpflichtung für Vertragsärzt:innen der ÖGK besteht, die AU-Meldung bereits mit einem Enddatum zu versehen. Der Gesamtvertrag sieht vor, dass das Enddatum der Arbeitsunfähigkeit, wenn möglich (z. B. wenn medizinisch absehbar) angegeben werden kann. Zu den von der ÖGK aufgezählten benötigen Informationen ist anzumerken, dass derzeit bei den AU-Meldungen keine Verpflichtung für eine Diagnose-Codierung vorliegt.
- Lediglich jene Kolleginnen und Kollegen, die die Förderung für die Implementierung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsmeldungen (eAUM) erhalten haben, hatten sich verpflichtet, eine gewisse Anzahl von Diagnosen zu codieren.
Hinweis: Telefonische Krankmeldung
Telefonische Krankmeldungen sind entsprechend der gesamtvertraglichen Vereinbarung mit der ÖGK über telemedizinische Leistungen verrechenbar. Dafür muss bei der Verrechnung die Position Ordination mit TELE gekennzeichnet werden:
https://aekstmk.or.at/537?articleId=12180
Hinweis: Telemedizinische Leistungen
Telemedizinische Behandlungen sind nur bei bekannten Patient:innen, also bei Patient:innen zulässig, die beim Vertragsarzt/Vertragsärtzin/der Vertragsgruppenpraxis bereits persönlich in Behandlung waren. Ausgenommen davon ist die telemedizinische Leistungserbringung durch eine:n Vertreter:in in der Ordination, bzw. angestellten Arzt/angestellte Ärztin und bei sonstigen dringlichen Fällen.
Foto: Schiffer