AERZTE Steiermark 10/2023

 

Mit eisernem Willen zum Ironman

Philipp Lamprecht wollte von klein auf Arzt werden; im Sport suchte er anfangs nur aktive Entspannung. Bis ihn die Erfolge dazu ermutigten, sich seinen Lebenstraum zu erfüllen: die Teilnahme am Ironman auf Hawaii.

3,86 Kilometer schwimmen, 180,2 Kilometer Rad fahren und dann noch einen Marathon laufen. Beim Ironman ist allein das Erreichen des Ziels schon eine Spitzenleistung. Philipp Lamprecht ist bereits mehrfacher Finisher – unter anderem im Vorjahr auf Hawaii, der Wiege des Wettbewerbs. Trotz des Klimaschocks, den eine Reise im Oktober von der Steiermark nach Hawaii naturgemäß mit sich bringt, war er erfolgreich. „Das war mein sportlicher Lebenstraum!“, resümiert er.

Der Bewerb des Ironman, jenes berühmten Langstrecken-Triathlons, wurde im Jahr 1978 auf Hawaii ausgehend von der Kleinstadt Kona auf der Hauptinsel zuallererst ausgetragen, der Markenname ist inzwischen geschützt. Heutzutage ist der Ansturm auf den internationalen Wettbewerb so groß, dass man schon stolz sein kann, sich dafür qualifiziert zu haben: jeweils bei einem nationalen Ironman. Philipp Lamprecht trat auf Hawaii mit der Startnummer 2514 an und kam nach 10 Stunden, 11 Minuten und 55 Sekunden ins Ziel.


Großer Traum – dickes Fell

Dabei diente der Sport in seinem Leben ursprünglich nur der Entspannung und dem Ausgleich zum Lernen. Profisport kam für ihn nie in Frage, schon seit Volksschulzeiten verfolgte Philipp Lamprecht das Ziel, Arzt zu werden. „Der menschliche Körper und die biochemischen Vorgänge in ihm haben mich schon immer fasziniert.“ Während andere Studienanfänger:innen den Sezierkurs auf dem Weg zum Arztberuf bestenfalls in Kauf nehmen, fand ihn Lamprecht enorm spannend und entdeckte dabei seine Freude an der Handwerkskunst des Arztberufs. Letztlich hat er sich auch jenes Fach ausgesucht, in dem vermutlich das meiste feinmotorische Geschick erforderlich ist: die Orthopädie und Traumatologie. Seit drei Jahren absolviert er nun seine Facharztausbildung in Feldbach – genau dort, wo er einst mit seiner ersten Famulatur begonnen hat. „Zu Studienbeginn war von Allgemeinmedizin bis zur Inneren Medizin noch alles für mich vorstellbar. Letztlich fiel die Entscheidung für die Unfallchirurgie, weil mir einerseits das praktische Arbeiten Freude bereitet und andererseits, weil ich es mag, wenn eine Aufgabenstellung gleich erledigt werden kann.“

Ein dickes Fell, so Lamprecht, benötige man schon. Gehäufte Stresssituationen in 25-Stunden-Diensten, fordernde operative Eingriffe und durchaus heftige Einsätze im Schockraum gehören zum Alltag in der Unfallchirurgie ebenso wie unerwartete Schwierigkeiten, die einen raschen Schwenk zu Plan B, C oder D erfordern.


Ironman als Vorbild

Der ideale Unfallchirurg, so Lamprecht, verfüge über ein logisches räumliches Verständnis, geschickte Hände und ebenso strukturiertes wie flexibles Vorgehen. Wichtig sei zudem ein gutes Problemmanagement. Das Handwerkliche hat er als Kind mit seinem Opa in der Werkstatt trainiert, wo sie gemeinsam kleine Boote und Flieger gebastelt haben. Die eiserne Disziplin, meint er, sei intrinsisch, aber durch die Erziehung noch weiter gefördert worden.

Schon zu Schulzeiten hat er sich mit Judo und Tennis fit gehalten und während des Studiums unter der Woche mit Freunden beim Krafttraining beziehungsweise am Wochenende mit seinem Bruder beim Laufen.

Die beiden Lamprecht-Brüder sind im südoststeirischen St. Stefan im Rosental aufgewachsen, wo es nicht nur idyllische Laufstrecken gibt, sondern auch einen echten Ironman, der zu Philipps Vorbild wurde. Nach und nach trat er dann selbst zu Wettbewerben an und arbeitete sich zum weltweit härtesten Tagesrennen auf Hawaii vor. Die Strecke hat er sich in der Trainingsphase unzählige Male auf Video angesehen, „aber als Fan kennt man sie sowieso“.


Zweimal täglich

Trainiert wird täglich in mindestens zwei Einheiten – wenn Philipp Lamprecht nicht gerade Dienst hat, was durchaus zweimal wöchentlich vorkommen kann. Praktischerweise steht ihm mit dem Feldbacher Hallenbad in unmittelbarer Nähe seiner Arbeitsstelle eine Trainingsmöglichkeit zum Schwimmen zur Verfügung. Passende Strecken für das Radfahren und Laufen gibt es rund um seinen Heimatort ausreichend – und wenn es im Winter zu eisig ist, wird indoor weitertrainiert. „Früher habe ich meinen Trainingsplan selbst erstellt, aber vor zwei Jahren habe ich mich an einen Profi gewandt, um aus den wenigen verfügbaren Stunden das Beste herauszuholen. Jetzt trainiere ich nur halb so lang wie zu Studienzeiten und trotzdem verbessert sich meine Leistung.“ Lamprecht ist Mitglied des OMNIBIOTIC Power-Teams.


Abschluss in Lahti

Gerade hat Lamprecht seinen Saisonabschluss mit einem Ironman 70.3 (also der jeweils halben Ironman-Strecken) im finnischen Lahti gefeiert. 26 Österreicher (und 11 Österreicherinnen) sind angetreten; Lamprecht war der viertbeste Mann darunter und auf Platz 572 insgesamt.

Im Winter stehen dann auch wieder Skitouren und Langlaufen auf dem Programm, aber generell möchte Lamprecht nach den letzten Jahren, in denen er unter anderem österreichischer (Vize-)meister im Crosstriathlon, steirischer Meister in der Mitteldistanz – jeweils in seiner Altersklasse – und viermaliger Ironman war, nun sportlich etwas kürzertreten. „Es soll wieder mehr der Spaß im Vordergrund stehen. Skitouren in Norwegen und der Schweiz, Radtouren in den Alpen, Beachvolleyball mit Freunden und so …“, skizziert er sein nicht wirklich unambitioniertes Programm.

Die Erfolge der vergangenen Jahre verdankt er seinem unbeugsamen Willen und seiner enormen Disziplin. Nun möchte er den Fokus auf die Facharztprüfung richten, aber auch vermehrt auf sein Privatleben.


Süße Sünde

„Ein bisschen vorsichtiger als andere Sportler“, sei er durch sein medizinisches Wissen schon beim Trainieren, meint er. Zu viel hat er schon bei seinen Patient:innen gesehen. Vor allem beim Mountainbiken ziehen sich die Biker nicht selten kompliziertere Brüche zu. „Ich fahre daher nur Cross Country, also Genusstouren.“ Das Downhill Racing überlässt er lieber anderen.

Jenen Patient:innen, die aufgrund einer Sportverletzung bei ihm im Krankenhaus vorstellig werden, gibt er spezielle Tipps, wie sie sich mit entsprechender Geduld wieder an ihr vorheriges Leistungsniveau herantasten können. Auch seine sportaffinen Freunde konsultieren ihn gerne informell in medizinischen Belangen. Derzeit besucht er neben seiner Ausbildung auch die Kurse für die ÖÄK-Diplome in Sportmedizin und Manueller Medizin.

 

Vieles in Philipp Lamprechts Leben ist dem Sport untergeordnet, nicht zuletzt auch die Ernährung mit dem Carbo Loading vor der Anstrengung und der eiweißreichen Mahlzeit danach. Aber es gibt auch Versuchungen, denen ein noch so harter Ironman nicht widerstehen kann: „Auf Süßes verzichte ich nicht!“

 

Fotos: Bernhard Kerntke, FinisherPix, Mario Still (2)

 

Grazer Straße 50a1
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