AERZTE Steiermark 01/2025

 

Freiräume für Patient:innenversorgung schaffen

Der Bürokratieabbau in unseren Spitälern ist für die Ärztekammer Steiermark wie für die steirische Landespolitik ein wichtiges Vorhaben.

Gemeinsam soll erreicht werden, die Ärztinnen und Ärzte von administrativen Tätigkeiten im Spital – und somit für die Patientenversorgung – freizuspielen. Die Zahlen sind alarmierend: 79 Prozent der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte in der Steiermark fühlen sich durch administrative Tätigkeiten in ihrer unmittelbaren Arbeit an Diagnose und Therapie und Genesung der Patientinnen und Patienten behindert und deutlich eingeschränkt. Insgesamt werden 24,8 Wochenstunden für Dokumentations- und Schreibarbeiten aufgewendet – das sind mehr als 60 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit (bei Vollzeit). Das ist das zentrale Ergebnis der Modulfrage Bürokratie“ im Rahmen der ÖÄK-Ausbildungsevaluierung 2024, an der alle in Ausbildung befindlichen Ärztinnen und Ärzte teilnehmen konnten.

Ein Ergebnis, das die Ärztekammer für Steiermark und den Kurienobmann der angestellten Ärzte, Gerhard Posch, nicht überrascht und das man getrost auf die gesamte Ärzteschaft übertragen kann: „Wir fordern seit Jahren, dass in allen Abteilungen Dokumentationsassistenten eingesetzt werden, die unsere Ärztinnen und Ärzte von bürokratischen Aufgaben für die Arbeit am Patienten entlasten. Das allein wäre schon ein Schritt in die richtige Richtung.“

Eine Richtung, die die Ärztekammer ganz genau kennt und die nur ein Ziel hat: Den Ärztinnen und Ärzten mehr Zeit für das zu geben, wofür sie Medizin studiert haben – sich um die Diagnose von Krankheiten, um die richtige Therapie und um die Behandlung der Betroffenen zu kümmern. In diese Richtung, so Posch, führen viele Wege. Einem davon unterliegt eine ganz einfache Rechnung, die zeigt, welches Potenzial im Bürokratieabbau eigentlich schlummert: „Wenn man nur eine Stunde Bürokratie pro Woche einsparen könnte, dann wären das allein in der KAGes mit ihren insgesamt knapp 2.400 Ärztinnen und Ärzten rund 60 Vollzeitäquivalente pro Woche, die für die Arbeit an den Patientinnen und Patienten freigemacht werden könnten. Diese ärztlichen Kapazitäten würden damit für umfassende Gespräche, Untersuchungen, Diagnosen und Therapien zur Verfügung stehen, somit für ärztliche Tätigkeiten, die direkt den Patientinnen und Patienten zugutekommen und nicht für  Befundanforderungen, Ausfüllen von Formularen, Organisation von anderen Untersuchungen und andere Schreibarbeiten oder für das Suchen freier Krankenhausbetten aufgewendet werden müssen. Das können andere Berufsgruppen effizienter bewerkstelligen.“

Dass die überbordende Bürokratie nicht nur ein Problem der österreichischen Ärzteschaft ist, sondern auch international latent vorhanden ist, zeigte sich beispielsweise beim 128. Deutschen Ärztetag im Mai 2024 in Mainz. Dort wurde ein Antrag für eine Initiative zur Entlastung der Krankenhäuser von administrativen Tätigkeiten eingebracht – mit den Hauptargumenten „Bürokratie macht mürbe und krank“ und sei eines der „schwierigsten Hindernisse im Gesundheitswesen“.

Gemeinsam an einem Strang

„Auf dem Weg, diese bürokratischen und administrativen Hindernisse zu überwinden, wissen wir die steirische Landesregierung an unserer Seite, die sich generell – und speziell auch im Gesundheitswesen – den Bürokratieabbau in vielen Bereichen vorgenommen und diesen auch in das Regierungsprogramm 2024-2029 hineingeschrieben hat“, unterstreicht Kurienobmann Posch. „Es ist höchst erfreulich, dass die steirische Landespolitik das Problem erkannt hat und beheben möchte.“ Nun gehe es darum, die damit verbundenen Herausforderungen gemeinsam zu lösen. „Dieses Potenzial müssen wir nützen, das führt dann ganz automatisch zu einer Verbesserung der aktuellen Situation in unseren Spitälern und einem Abbau der Wartelisten für unsere Patientinnen und Patienten.“ Die nutzbaren Potenziale, um die Ärztinnen und Ärzte in den Spitälern von allem zu befreien, was sie daran hindert, das zu tun, wofür sie nach jahrelangem Studium und anschließender Ausbildung im Spital Ärztin oder Arzt geworden sind – nämlich sich um ihre Patientinnen und Patienten zu kümmern – lägen auf der Hand.

Belastungen reduzieren

So fordert die Ärztekammer seit Jahren die flächendeckende Einsetzung von Dokumentationsassistenten zur Abwicklung von Schreibarbeiten in den Spitalsabteilungen. Weiters gibt es generell bei der Infrastruktur in den Spitälern Nachholbedarf. Das betrifft sowohl die Hardware, wie z.B. Computerarbeitsplätze in ausreichender Zahl und auf dem aktuellen technischen Stand. Darüber hinaus sollten Dokumentationssysteme wie die eFK, den Anwender in den Fokus rücken mit dem Ziel, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und wo immer möglich zu automatisieren. Diese Systeme sind oftmals zu sehr auf Dokumentation ausgelegt.

Konkret geht es darum, die administrativen Belastungen für die Ärztinnen und Ärzte in den Spitälern zu reduzieren. „Diesen Willen zeigt nun auch die Landespolitik mit dem Bekenntnis zum Bürokratieabbau“, konstatiert Posch.

Generell werde man sich aber dafür einsetzen, auch andere unnötige Belastungen für die Ärzteschaft in den Spitälern abzubauen und das Arbeiten im Spital attraktiv zu gestalten. Das hört nicht bei der Reduktion von Bürokratie auf, betont der stellvertretende Kurienobmann Gerhard Postl: „Wir werden uns auch weiterhin für eine generelle Verbesserung der Arbeitsbedingungen, für flexible, an die jeweilige Lebenssituation angepasste Arbeitszeiten und für eine bessere Planbarkeit der Dienste im Spital einsetzen. Zum Wohle der Ärztinnen und Ärzte ebenso wie zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten.“

 

Fotos: Furgler, Schiffer