AERZTE Steiermark 07-08/2025
IMAS-Umfrage zeigt zum Teil schwierige Stimmungslage in den Spitälern
Die Stimmung verschlechtert sich – immer mehr Spitalsärzt:innen empfinden ihre Arbeit als belastender als noch vor fünf Jahren. Wie sie die Vorbereitung durch das Medizinstudium empfinden und warum sich ein Fünftel heute nicht mehr für diesen Beruf entscheiden würde – die aktuelle IMAS-Umfrage liefert Zahlen und Fakten.
Ein deutlich eingetrübtes Bild hinsichtlich der Arbeitszufriedenheit im Krankenhaus zeigt die IMAS-Umfrage unter den österreichischen Spitalsärzt:innen. Gefragt wurde, wie sich die Arbeit im Krankenhaus im Verlauf der letzten fünf Jahre entwickelt habe. Die Antwort fällt ernüchternd aus: 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben. Nur 14 Prozent erlebten eine Verbesserung, für 21 Prozent blieb alles gleich.
Besonders auffällig ist dabei der Bundesländervergleich. In der Steiermark äußerten sich sogar 65 Prozent der Spitalsärzt:innen negativ – der höchste Wert österreichweit. Die Einschätzung zieht sich dabei relativ konstant durch beide Geschlechter, Unterschiede zwischen Ärztinnen und Ärzten zeigen sich hier nicht. Hingegen variiert die Bewertung deutlich nach Ausbildungsgrad: Besonders Fach- und Oberärzt:innen beurteilen die Entwicklung spürbar negativer als jüngere Kolleg:innen oder Ärzt:innen in Ausbildung.
Negativer Trend
Ein Blick auf frühere Befragungen unterstreicht den aktuellen Negativtrend. Im Jahr 2019 gaben 53 Prozent an, dass sich die Situation im Spital verschlechtert habe. Heute sind es bereits 60 Prozent – ein signifikanter Anstieg, der die wachsende Unzufriedenheit in den Spitälern unterstreicht.
Auch das Medizinstudium kommt in der Umfrage nicht gut weg, es liegt im Schulnotensystem im unteren Mittelfeld. Gefragt nach der Vorbereitung auf die reale Arbeitswelt gaben die Befragten österreichweit im Durchschnitt nur die Schulnote 3,6. Während Männer das Studium mit einer 3,4 noch etwas besser bewerten, vergaben die Frauen mit 3,8 eine klar schlechtere Note. Die steirischen Ärzt:innen liegen damit exakt im Österreichschnitt.
Medizinstudium?
Dennoch würden sich 62 Prozent der österreichischen Spitalsärzt:innen erneut für ein Medizinstudium entscheiden. Unter den Männern sind es sogar 65 Prozent, bei den Frauen jedoch nur 58 Prozent. Für Gerhard Posch, Obmann der Kurie Angestellte Ärzte, ein klarer Auftrag: „Hier gilt es konkret einzuhaken und zu schauen, ob sich zum Beispiel die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verschlechtert hat und wie wir mit flexibleren Arbeitszeitmodellen für Verbesserungen sorgen können.“
Bedenklich ist, dass ein Fünftel der Befragten – konkret 19 Prozent österreichweit und 21 Prozent in der Steiermark – angab, sich nicht noch einmal für das Medizinstudium entscheiden zu wollen. Laut Posch unterstreicht dieser Befund die Notwendigkeit, die Arbeitsbedingungen für angestellte Ärzt:innen weiter zu verbessern. Die jüngste Gehaltsreform war ein wichtiger Schritt, doch es brauche weitere Maßnahmen.
Ein differenzierteres Bild zeigt sich beim Blick auf die berufliche Position: Primarärzt:innen und Abteilungsvorstände stehen ihrer Berufswahl weiterhin überwiegend positiv gegenüber – 82 Prozent von ihnen würden erneut Medizin studieren. Ihre Einschätzung hebt sich damit deutlich vom Gesamttrend ab.
Bei der Frage nach den Gründen für eine Entscheidung gegen ein erneutes Medizinstudium führen strukturelle Herausforderungen das Ranking an. Durch die Gehaltsreform hat die Kurie in der Steiermark einen wesentlichen Schritt erreicht; die Gehälter zählen zu den besten. Doch das wiegt nicht die „große Arbeitsbelastung“ auf, die 16 Prozent als negativen Faktor nennen. „Das ist ein zentraler Punkt, an dem wir mit Bürokratieabbau und einer verbindlichen Patientenlenkung endlich Abhilfe schaffen müssen“, betont Kurienobmann-Stellvertreter Gerhard Postl. Weitere von den Befragten genannte Faktoren, die gegen ein erneutes Medizinstudium sprechen, waren die „große Verantwortung“ mit 14 Prozent, „zu wenig Freizeit“ und „mangelnde Wertschätzung bzw. Anerkennung“ mit jeweils 11 Prozent. Die IMAS-Erhebung macht deutlich: Die Erwartungen junger Mediziner:innen stoßen allzu oft auf eine Realität, die von Überlastung und strukturellen Defiziten geprägt ist. Es braucht strategische Maßnahmen auf politischer Ebene, um über eine effektive Patientenlenkung auch spürbare Veränderungen im Klinikalltag zu bewirken. Die Zahlen sprechen schließlich eine klare Sprache.
Zur Umfrage
Die Spitalsärzteumfrage wurde von der Bundeskurie Angestellte Ärzte (BKAÄ) der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) in Kooperation mit IMAS-International, Institut für Markt- und Sozialanalysen, durchgeführt. Befragungszeitraum: Dezember 2024 bis Jänner 2025. In der nächsten Ausgabe widmet sich die Serie belastenden und entlastenden Faktoren für unsere Spitalsärzt:innen sowie der Frage, ob sie mit 65 weiter arbeiten wollen.
Fotocredit: Furgler, Schiffer